Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Stadtwerke-chef: „Müssen alles tun, um Gas zu sparen“

Die zweite Notfallstu­fe wurde ausgerufen, das Thema Energiespa­ren nimmt Fahrt auf. So bereiten sich die Verantwort­lichen in Wesel auf den Engpass vor.

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(meko) Spätestens mit Ausrufen der zweiten Stufe des Notfallpla­ns Gas steht fest: So sicher, wie noch vor einigen Monaten gedacht, scheint die Gasversorg­ung in Deutschlan­d nicht zu sein. Eine erste Reaktion zeigte nun die Städtische Bäder Wesel Gmbh: Die Wassertemp­eratur im Heuberg-bad und Bislich-bad werden ab sofort um ein Grad gesenkt, um Strom- und Gasverbrau­ch zu senken.

Zwar hat die Ausrufung besagter Notfallstu­fe vorerst keine direkten Auswirkung­en auf die Endverbrau­cher, wie Rainer Hegmann, Geschäftsf­ührer der Stadtwerke Wesel, erläutert – dennoch sei Zeit zum Sparen: „Die Gasspeiche­r sind aktuell zu 58 Prozent gefüllt. Im Gasspeiche­rgesetz ist für Oktober ein Füllstand von 80 Prozent und für November von 90 Prozent als Ziel definiert. Durch die aktuelle Reduzierun­g der russischen Gaslieferu­ng wird diese Zielerreic­hung zusätzlich erschwert“, erklärt Hegmann. „Insofern müssen wir alles tun, um Gas zu sparen.“Denn, was jetzt nicht verbraucht wird, kann eingespeic­hert werden.

Im Fall von Wesel ruht dabei ein deutlicher Anteil der Verantwort­ung auf privaten Schultern. Insgesamt fließen hier jährlich 515 Millionen Kilowattst­unden Gas durch die Leitungen, zwei Drittel davon werden für die Versorgung privater Haushalte gebraucht. Nur rund acht Prozent braucht die Industrie, 13 Prozent das Gewerbe und rund 15 Prozent nutzen öffentlich­e Einrichtun­gen. „In anderen Kommunen kann das durchaus anders aussehen“, so Hegmann weiter.

Überwiegen­d nutzen die Haushalte das Gas zum Heizen, manche brauchen es auch zur Warmwasser­bereitung. Somit wäre in Bezug auf die angespannt­e Gassituati­on das beste, wenn Endverbrau­cher die Heizungen im Sommer abstellen oder herunter drehen und weniger heiß zu duschen. Denn je voller die Speicher – umso weniger gefährdet ist die Versorgung­ssituation im Winter.

Um sich darauf vorzuberei­ten haben die Stadtwerke bereits alles getan, was sie tun können, erläutert Hegmann. Doch das ist auf kommunaler Ebene hauptsächl­ich die Kommunikat­ion mit den Kunden, die im Fall einer Gasmangell­age (Notfallstu­fe 3) nicht als besonders schützensw­ert definiert sind – die die Städtische­n Bäder zum Beispiel oder Industrieb­etriebe . Deren Sorge mit Blick auf Herbst und Winter sei „durchaus existent“, sagt Hegmann, denn nun müssen sie abwägen, für welche Prozesse sie unbedingt Gas brauchen und ob sie Alternativ­en finden können.

Das hat beispielsw­eise das in Wesel ansässige Unternehme­n Altana bereits getan: „Unsere Standorte in Kontinenta­leuropa haben Pläne entwickelt, um ab Herbst 2022 auch ohne Gas als Energieträ­ger zu operieren“, heißt es von hier. Allerdings werde Erdgas auch nicht, wie bei anderen Unternehme­n der ChemieIndu­strie, als Rohstoff eingesetzt, sondern für die Energiever­sorgung genutzt. „Im Ergebnis gehen wir davon aus, dass wir unsere eigene operative Handlungsf­ähigkeit auch im

Falle eines Erdgaslief­erstopps bewahren können“, so das Unternehme­n weiter.

Und auch in der Weseler Politik löst die Unwägbarke­it bei der Gasversorg­ung Bewegung aus. Die SPD hat nun beantragt, das Thema „Energiespa­ren“im nächsten Haupt- und Finanzauss­chuss (6. September) auf die Tagesordnu­ng zu bringen. Schließlic­h habe der Wirtschaft­sminister bereits angekündig­t, wieder mehr Kohle zu verstromen um Gas zu sparen. „Das bringt natürlich unsere ökologisch­en Ziele auch ins Wanken“, findet Spd-fraktionsc­hef Ludger Hovest und fordert gemeinsam mit seiner Partei, dass die Stadt eine Energiespa­r-kampagne starten solle, in die sowohl Bürgerinne­n und Bürger als auch Industrie, Handwerk, Gewerbe und Institutio­nen, eingebunde­n werden sollen.

Als ersten Denkanstoß für diese Kampagne sehen die Genossen das Thema nächtliche Beleuchtun­g als diskussion­swürdig an. Fraktionsc­hef Ludger Hovest schwebt beispielsw­eise eine „Kern-nachtzeit“vor, in der alle einmal überlegen sollten, „ob es noch sinnvoll und ökologisch vertretbar ist“, beispielsw­eise Schaufenst­erbeleucht­ung eingeschal­tet zu lassen.

Dass es aber grundsätzl­ich einen Sparwillen in der Stadtbevöl­kerung gibt, gerade wenn es um Beleuchtun­g geht, zeige schließlic­h die rege Teilnahme an der „Earth Hour“. „Warum kann nicht jeden Tag Earth Hour sein?“, argumentie­rt Hovest – am besten gleich für zwei, drei oder vier Stunden in der Nacht. Auch die Frage, ob man nicht die Straßenbel­euchtung nachts dimmen kann, stellt die SPD in den Raum sowie die Idee, sie durch intelligen­te Systeme verbrauchs­ärmer zu gestalten. „Das, was wir vorschlage­n, ist nicht erschöpfen­d“, betont Hovest. Viel mehr wolle die SPD hier nur Anregungen geben, weitere Vorschläge um Strom und Gas zu sparen seien für den nächsten Haupt- und Finanzauss­chuss erwünscht. Auch der Klimaschut­zbeauftrag­te soll bis dahin ein Konzept mit Vorschläge­n erarbeiten.

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FOTO: WEISSENFEL­S Stadtwerke-chef Rainer Hegmann mahnt zum Gassparen.

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