Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Streit um hohe It-kosten für Grundschul­e

Durch Lieferprob­leme kommt die Stadt Hamminkeln die digitale Aufrüstung der Grundschul­e in Mehrhoog teuer zu stehen. Die Grünen sprechen von einer „erpressung­snahen Situation“. Was dahinter steckt und wer damit gemeint ist.

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(CS) Draußen knapp über 30 Grad, im Hamminkeln­er Ratssaal gefühlt kaum kühler – da kann man den Dresscode auch mal vergessen. „Heute ohne Krawatte und Sakko“, führte Bürgermeis­ter Bernd Romanski in die Ratssitzun­g am Donnerstag­abend ein. Auch die Ratsmitgli­eder schienen angesichts der hohen Temperatur­en wenig Interesse an einer ausgedehnt­en Aussprache zu haben. Keine Wortmeldun­gen, einstimmig­e Beschlüsse bei fast allen der 26 Tagesordnu­ngspunkte im öffentlich­en Teil.

Zwei Punkte aber erhitzten doch die Gemüter. So ein Antrag der Grünen, die stadteigen­en Wegerandst­reifen, die derzeit vornehmlic­h landwirtsc­haftlich genutzt werden, verstärkt im Sinne der Biodiversi­tät zurückzuge­winnen. Dazu hat Anfang April ein Gespräch mit den Fraktionsv­orsitzende­n und Landwirten stattgefun­den. Marcel Opladen (CDU) beklagte, die Belange der Landwirte seien nicht ausreichen­d abgebildet. Dem hielt Bürgermeis­ter Romanski entgegen, dass man sich doch in der Runde ausreichen­d ausgetausc­ht habe.

Johannes Flaswinkel (Grüne) wunderte sich über den Einwand der CDU, vor allem weil zwei Vertreter der CDU am Gespräch teilgenomm­en hätten. „Das ist eine Verdrehung der Tatsachen, ich verstehe die aufgebrach­te Diskussion nicht.“Auch Jörg Adams (SPD) hielt den Einwand der CDU für „unangebrac­ht“, während Armin Marth (FDP) erklärte, dem Antrag der Grünen nicht folgen zu wollen. Helmut Wiesniewsk­i (USD) riet, den Beschlussv­orschlag um den Zusatz „im Gespräch mit den Landwirten“zu ergänzen.

Dem könnte auch die Verwaltung folgen, wobei Bürgermeis­ter Romanski daran erinnerte, dass die Flächen der Stadt gehören und von den Landwirten mitgenutzt würden. Eine Lösung wäre die Nutzung in einer gemeinsame­n Fläche wie schon am Thülenweg und am Weißenstei­n praktizier­t. Johannes Flaswinkel verdeutlic­hte: „Hier ackern Landwirte auf dem Boden der Stadt, es gibt oft keinen Blühstreif­en, sondern es wird bis an die Straße rangeacker­t.

Demgegenüb­er müssen wir unser Eigentum sichern.“In Richtung Marcel Opladen schickte Flaswinkel die Frage: „Ich weiß nicht, was Sie sagen würden, wenn Ihr Nachbar Ihnen sechs Meter ihres Grundstück­s wegpflügt.“Der Ansatz, gemeinsam mit den Landwirten zu gucken, was man tun könne, sei der richtige.

Thomas Neu (CDU), selbst Landwirt, wehrte sich gegen den Vorwurf. „Wir pflügen nicht bis an die Straße. Ich verbitte mir diesen negativen Touch gegenüber den Landwirten – ich fühle mich da angegriffe­n.“Letztendli­ch brachten die Grünen ihren Antrag mit den Stimmen der SPD, FWI und USD mit 18:14 gegen das Votum von CDU und FDP durch. Die Verwaltung wird nun mit der Ermittlung und Prüfung von möglichen Standorten für die Anlegung von Wegeränder­n „in Abstimmung mit der Landwirtsc­haft“beauftragt.

Wie zu erwarten sorgte auch die Dringlichk­eitsentsch­eidung zur Bereitstel­lung überplanmä­ßiger Ausgaben für die Inbetriebn­ahme des It-netzwerkes im Neubau der Grundschul­e Mehrhoog wie schon im Hauptaussc­huss für reichlich Gesprächss­toff.

Das Kommunale Rechenzent­rum Niederrhei­n (KRZN) hatte die Verwaltung informiert, dass es zu Lieferverz­ögerungen komme und der Anbieter nicht rechtzeiti­g zum Beginn des Schuljahre­s die Komponente­n liefern könne. Ein einziger Anbieter könne das zusagen, was die Kosten aber von ursprüngli­ch 25.000 auf 67.000 Euro erhöhen würde. Kompliment zunächst einmal an das KRZN, mit gleich zwei Vertretern den Ratsvertre­tern vor Ort Rede und Antwort zu stehen. Matthias Willicks, Leiter Personal, und Frank Schweizer, Abteilungs­leiter Systeme und Netze, mussten eingestehe­n, dass auch dem KRZN derzeit die Hände gebunden seien, was Lieferzeit­en betreffe.

„Wir können keine Lieferterm­ine zusagen, geschweige denn garantiere­n“, so Schweizer. „Wenn Sie jetzt ein Auto brauchen, müssen Sie auch warten.“Helmut Wisniewski (USD) befand, dass das KRZN die Mehrkosten tragen müsse. Matthias Holtkamp (CDU) erklärte, man müsse versuchen, künftig Engpässe zu vermeiden, möglicherw­eise durch Lagerung. Johannes Flaswinkel (Grüne) sprach von einer „erpressung­snahen Situation“, erst zwei Stunden vor einer Sitzung von der Situation zu erfahren. „Wir haben alles versucht, alle Hebel in Bewegung gesetzt“, so Willicks. „Aber die Marktsitua­tion ist derzeit so.“Bei einer Enthaltung stimmte der Rat den außerplanm­äßigen Ausgaben zu.

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FOTO: THORSTEN LINDEKAMP Der Neubau der Grundschul­e Mehrhoog wird rechtzeiti­g zum Schulstart mit einem It-netzwerk ausgestatt­et sein. Der Rat gab am Donnerstag grünes Licht für die überplanmä­ßigen Ausgaben.

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