Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Extraschicht bescherte magische Momente
Am Wochenede gab es atemberaubende Artistik und digitale Technik – präsentiert in alter Industriekultur.
(bes) Seit 2010 feiert die Extraschicht auch in Lohberg den Strukturwandel von der Industrie- zur Kulturregion, am Samstag präsentierte sich Dinslaken in der Zechenwerkstatt in einem spektakulären Mix aus Tanztheater und virtueller Projektion. In einer Mischung aus der Magie von Doctor Strange und den visuellen Effekten von „Sherlock“, „zeichneten“die Mitglieder des Electric Dance Theatre die Geschichte Dinslakens, die Werte, die in der Stadt gelebt werden und ihre technische Entwicklung als Hologramme in die Luft.
Spektakuläre Shows, Führungen, Musik und Kunst in einer Atmosphäre von Licht und Schatten, die die über 100 Jahre alte Industrieund Zechen-architektur in ästhetischer und fast etwas geheimnisvoller Weise in Szene setzt
Tatsächlich entstanden die bewegten 3D-effekte durch Projektion eines fast unsichtbaren Gazevorhangs. Selbst eine etwas sehr junge „Kathrin Türks“warb virtuell für Dinslaken – ein Vorgeschmack auf die 750-Jahr-feier 2023, für die die Din-event die Show in Auftrag gegeben hat. Die Präsentation bei der Extraschicht am Samstag war die Premiere. Und der ging, wie Bürgermeisterin Michaela Eislöffel in ihrer Ansprache nach dem traditionellen Konzert des MGV Concordia zu Beginn des Abends erzählte, bereits die Vorpremiere zur Eröffnung der ruhrgebietsweiten Extraschicht vor geladenen Gästen am Freitagabend in der Zechenwerk-statt voraus.
Spektakuläre Shows, Führungen, Musik und Kunst in einer Atmosphäre von Licht und Schatten, die die über 100 Jahre alte Industrieund Zechen-architektur in ästhetischer und fast etwas geheimnisvoller Weise in Szene setzt. Man musste diese besondere Stimmung nur ein paar Sekunden auf sich wirken lassen, um zu spüren, was man in den letzten zwei Pandemie-jahren vermisst hat. Dennoch lässt sich nicht darüber hinweg täuschen, dass sich das Publikumsverhalten verändert hat. Die Extraschicht war genau so gut besucht wie in früheren Jahren, bestätigt Jens Kim von der DINEvent, doch die Verweildauer ist heute kürzer und es kamen mehr Besucher mit dem eigenen Pkw als mit dem Bus. Im Atelier freiart werden Bilder angeboten, auf denen bergmännische Motive in Gold auf schwarzem Grund stehen. Echtes Schwarz aus echter Kohle, noch gefördert in Lohberg und nun zu Pigment verarbeitet. Draußen an einem Stand kann man Fördertürme aus Holz erstehen, daneben beginnt die Streetfood-meile mit internationalen Spezialitäten. Die Gruppe Utumfuo aus Ghana trommelt und tanzt, Cesare Siglarski präsentiert befreundete Singer-songwriter auf der Außenbühne auf dem Platz der Vielfalt.
Drinnen im vorderen Teil der Zechenwerkstatt ist alles für das Kontrastprogramm zur halbvirtuellen Hybridshow aufgebaut: Eine echte Zirkusmanege mit allem Drum und Dran. Hier hat die Din-event einmal mehr ihren guten Kontakt zu Raoul Schoregge genutzt. Niklas Lagroni jongliert mit sieben und sogar acht Bällen, Ezra Veldmann nahm es mit gleich vier Diabolos auf. Irina balancierte mit ihren Füßen eine meterhohe Stange, entlang der sie einen Ball über vier Stufen in einen Korb an der Spitze der Stange hüpfen lässt. Zuvor bot sie mit ihrem Partner Karel Slapstick im Cartoon-stil: „Da biste nicht nur als Zuschauer geplättet.“Die beiden ließen Wände über sich zusammenstürzen und traten auf sich herum, wie man es sonst nur von Bugs Bunny und Co. kennt.
Ganz anders der Umgang von Roberto Cappello und Ge Shu Hong, genannt Dou Dou. Die beiden verzauberten das Publikum mit einem artistisches Pas de deux, der Kuss zum Schluss war echt, die beiden sind auch privat ein Paar. Spektakulär Dou Dous Solonummer: ein Balanceakt auf meterhoch gestapelten Stühlen, echte „Magie“, die keiner digitalen Effekte bedarf.