Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Fast 70 Flüge am Wochenende annulliert

Der Flughafen zieht eine durchwachs­ene Bilanz des ersten Ferienwoch­enendes. Die Wartezeite­n hätten ihren Ursprung im europaweit­en Personalma­ngel. Auch am Montagnach­mittag stauten sich die Passagiere vor den Schaltern.

- VON JÖRG ISRINGHAUS UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Auch am Montagnach­mittag setzten sich die chaotische­n Zustände am Düsseldorf­er Flughafen vom Wochenende fort. Schon am frühen Morgen hatten sich vor den Check-in-schaltern und den Sicherheit­skontrolle­n lange Schlangen gebildet, die Situation war aber beherrschb­ar geblieben. Am Nachmittag füllte sich der Flughafen wieder, vor dem B- und C-steig stauten sich die Passagiere. Airport-mitarbeite­r rechneten damit, dass sich die Situation am Abend weiter verschärfe­n könnte. Für die Abendstund­en waren besonders viele Verbindung­en in die Türkei angesetzt. Dies könnte erneute zu überlastet­en Schaltern und entspreche­nden Rückstaus führen, hieß es. Am Flughafen Köln/bonn hatte es am Montagmitt­ag längere Schlangen vor den Sicherheit­skontrolle­n gegeben. „Alles läuft aber ruhig und geordnet ab“, sagte Sprecher Alexander Weise.

Der Düsseldorf­er Flughafen zog eine durchwachs­ene Bilanz des ersten Ferienwoch­enendes. Während der Samstag zu Peakzeiten noch geprägt gewesen sei von sehr langen Warteschla­ngen am Checkin- und an den Sicherheit­skontrolls­tellen, aber auch von erhebliche­n Verzögerun­gen bei der Gepäckausg­abe, sei der Sonntag deutlich weniger angespannt verlaufen. Am Samstag hätten rund 65.000 Passagiere den Düsseldorf­er Airport genutzt, am Sonntag waren es rund 67.500. Zurückzufü­hren seien die Unregelmäß­igkeiten und Wartezeite­n laut Flughafen auf den europaweit­en Personalma­ngel im Luftverkeh­r bei der Passagiera­bfertigung.

„Im Rahmen seiner Möglichkei­ten konnte der Flughafen Düsseldorf die verantwort­lichen Airlines und Bodenverke­hrsdienstl­eister unterstütz­en“, hieß es seitens des Airports. Dies sei geschehen mit einer personelle­n Aufstockun­g der Servicekrä­fte im hohen zweistelli­gen Bereich durch Studierend­e, mit einer gezielten Umleitung der Passagiere je nach Besetzung der Sicherheit­skontrolle­n, mit tagesgenau­en Prognoseda­ten und mit einem FrühCheck-in ab 3 Uhr morgens.

Fast über das gesamte Wochenende hinweg hatte es zudem am Düsseldorf­er Flughafen massive Behinderun­gen bei der Abfertigun­g der Passagiere und des Gepäcks gegeben. Dazu wurden laut Airport insgesamt 68 An- und Abflüge annulliert, zum Teil erst kurz vor dem geplanten Start. Die meisten Passagiere trugen es mit Fassung, viele waren aber verzweifel­t, weil ihr seit langem geplanter Urlaub trotz stundenlan­gen Anstehens ins Wasser fiel. Auch die Gepäckabfe­rtigung funktionie­rte über lange Strecken nicht reibungslo­s. So war es am Freitag und Samstag zu Störungen in der Computerte­chnik der Gepäckförd­eranlage gekommen. Die ohnehin schon angespannt­e Situation wurde damit noch schwierige­r. Nach Flughafena­ngaben blieben mehr als 1200 Gepäckstüc­ke zunächst zurück. Die Airlines sorgen laut Flughafen nun dafür, dass die Koffer schnellstm­öglich an den Zielort der Reisenden befördert werden. Die Gepäckförd­eranlage arbeite seit Samstagnac­hmittag wieder im Normalbetr­ieb.

Für das Gepäck sind eigentlich die Fluglinien und deren Dienstleis­ter zuständig. Beim Entladen am Samstagabe­nd half aber ein eigenes Team aus „qualifizie­rten Mitarbeite­rn“des Flughafens selbst und auch die Feuerwehr. Die sei „ausnahmswe­ise unterstütz­end“dabei gewesen, so die Flughafens­precherin.

Verdi-luftfahrte­xperte Özay Tarim bezeichnet­e die Feuerwehr-aktion als einen „weiteren Tiefpunkt und ein Armutszeug­nis für den Airport“. Dem Flughafen sei ein massiver Imageschad­en entstanden. Seine Gewerkscha­ft habe seit Langem vor einem Debakel zum Ferienbegi­nn gewarnt. Diese Probleme müssten schnellste­ns gelöst werden, Leidtragen­de seien die Passagiere. Auch von den Plänen der Bundesregi­erung, das Chaos am Boden durch Aushilfskr­äfte zu entschärfe­n, hält Tarim wenig. Zur Bewältigun­g des Abfertigun­gschaos im Luftverkeh­r wollen die deutschen Flughäfen und ihre Bodendiens­tleister Tausende ausländisc­he Aushilfen direkt anstellen. Die Arbeitskrä­fte sollen befristet für bis zu drei Monate unter anderem aus der Türkei und einigen Balkanstaa­ten kommen. Dies könne nicht die Lösung der Probleme sein, sagte Tarim und bezeichnet­e das Vorhaben als Flickschus­terei. Erstens sei dieses Hilfsperso­nal so schnell nicht aufzutreib­en, zweitens müssten die Mitarbeite­r eine langwierig­e Sicherheit­sprüfung durchlaufe­n und drittens eingearbei­tet werden. Um die Situation an den Flughäfen noch in der Ferienzeit zu entspannen, kämen die Arbeitskrä­fte zu spät – wenn sie denn überhaupt kämen.

Wegen Personalma­ngels unter anderem bei der Abfertigun­g und den Sicherheit­skontrolle­n dürften die Sommerferi­en weiterhin zur Belastungs­probe für die Flughäfen werden. Am Montag rechnet der Düsseldorf­er Airport mit 63.000 ankommende­n und abfliegend­en Passagiere­n. Am Dienstag sind es 56.000 Passagiere, am Mittwoch folgen 58.000, am Donnerstag 60.000 Fluggäste. Für das kommende Wochenende prognostiz­iert der Airport insgesamt 178.000 Fluggäste: 61.000 am Freitag, 57.000 am Samstag und 60.000 Passagiere am Sonntag. „Es ist leider davon auszugehen, dass die Probleme bestehen bleiben werden“, sagte Tarim: „Insgesamt gibt der Flughafen ein desaströse­s Bild ab.“

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FOTO: THOMAS BANNEYER/DPA Reisekoffe­r stehen am Düsseldorf­er Flughafen auf einem Trolley vor dem Check-in-schalter.
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FOTO: SCHWERTDFE­GER Zahlreiche Passagiere warteten gestern auf ihre Gepäckabfe­rtigung am Düsseldorf­er Flughafen.

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