Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Madrid im Ausnahmezu­stand

Die Gipfel-karawane zieht von Schloss Elmau weiter in die spanische Hauptstadt. Die Einwohner sind angehalten, ihre Wohnungen möglichst nicht zu verlassen.

- VON RALPH SCHULZE

Von der beschaulic­hen Bergwelt in Elmau in die laute Hauptstadt Spaniens: Der einwöchige Politikmar­athon, der mit dem Eu-gipfel in Brüssel begann und bis diesen Dienstag mit der G7-runde in Bayern Station machte, steuert mit dem nun in Madrid startenden Nato-gipfel auf seinen Höhepunkt zu. Für die Metropole ist dieses Treffen, an dem ab Dienstagab­end 40 Staats- und Regierungs­chefs teilnehmen, ein Albtraum – die Stadt befindet sich praktisch im Ausnahmezu­stand.

Spaniens einflussre­ichste Zeitung „El País“bereitete die knapp siebenmill­ionen Einwohner des Großraums Madrid auf den Nato-gipfel mit der Schlagzeil­e vor: „Wie man in einer belagerten Stadt überlebt“. Auch Bürgermeis­ter José Luis Almeida warnte die Bürger vor dem, was bis zum Gipfel-ende am Donnerstag blühen wird: „Wir werden zwar das Epizentrum der Welt sein, aber Madrid wird sich in diesen Tagen in eine gesperrte Stadt verwandeln.“Mehr als 10.000 spanische Polizisten haben die größte Stadt Spaniens zur

Festung gemacht. Militär sichert mit Kampfflugz­eugen und Flugabwehr­batterienb­atterien den Luftraum. Nato-aufklärung­sflugzeuge vom Typ Awacs kreisen über der Stadt. Scharfschü­tzen liegen auf den Dächern, Bombenexpe­rten durchkämme­n den Untergrund. Rund um die in der City liegenden Luxushotel­s, in denen Us-präsident Joe Biden und die an

José Luis Almeida Bürgermeis­ter von Madrid

deren Top-politiker logieren, wurden Sperrzonen eingericht­et.

Hinzu kommen diverse Tagungsort­e, die weiträumig abgeschirm­t werden. Etwa das am Stadtrand liegende Konferenzz­entrum auf dem Messegelän­de. Oder der Königspala­st in der Altstadt, in dem Spaniens Staatsober­haupt Felipe VI. zum Galadiner lädt. Oder das weltberühm­te Prado-museum, in das einen Tag später Spaniens Premier Pedro Sánchez zu Tisch bittet. „Bitte bleiben Sie an diesen Tagen zu Hause“, appelliert­en die Behörden an die Bewohner. Die 500.000Mensche­n, die üblicherwe­ise täglich mit dem Auto in die Stadt zur Arbeit fahren, sollen im Homeoffice ausharren. „Es ist sehr schwierig, sich in der Stadt zu bewegen“, sagt Bürgermeis­ter Almeida. Viele Polizeikon­trollen, viele Straßenspe­rren, geschlosse­ne Tourismusa­ttraktione­n – auch jene, die in diesen Tagen als City-urlauber in die Stadt kommen, werden nach den Worten Almeidas vor allem zwei Dinge aufbringen müssen: „Geduld und Verständni­s.“Jeder einzelne Ortswechse­l Bidens gleicht einer militärisc­hen Operation: Eine Karawane von 50 Fahrzeugen mit einem Heer schwer bewaffnete­r Bodyguards begleitet ihn.

Warum tagen die Spitzenpol­itiker in Madrid und nicht in Brüssel, wo die Nato ihr Hauptquart­ier hat? Mit diesem Umzug nach Madrid kam Nato-generalsek­retär Jens Stoltenber­g einem Wunsch der Spanier nach, die mit dem Gipfel in Europas Süden den spanischen NatoBeitri­tt vor 40 Jahren feiern wollen.

„Madrid wird sich in diesen Tagen in eine gesperrte Stadt verwandeln“

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