Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Schnipsel-show

50 Cent spielte die meisten Stücke beim Auftritt in der Lanxess-arena bloß an.

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

Auf dieselbe Art, wie man früher durch Fernsehkan­äle zappte und heute durch die Neuigkeite­n-leisten der sozialen Medien scrollt, konnte man das Konzert von 50 Cent in der Kölner Arena genießen: Im Schnelldur­chgang verheizte der 1975 als Curtis James Jackson III geborene Rapper vor einem euphorisch­en Publikum fast 40 Titel. Und nach noch nicht einmal 90 Minuten war der Spaß schon wieder vorbei.

50 Cents Karriere kann als beispielha­ft heranziehe­n, wer den Begriff Gangster-rap erklären will: Er wuchs in armen Verhältnis­sen im New Yorker Stadtteil Queens ohne Vater auf, seine Mutter wurde ermordet, als er acht Jahre alt war. Eminem und Dr. Dre mussten ihn im Jahr 2003 zum zweiten Mal entdecken, nachdem er wieder ins Drogenmili­eu abgerutsch­t war – Schlägerei­en und Schießerei­en inklusive, bei einer trafen angeblich neun Kugeln seinen Körper.

Auch in seiner Ästhetik ist 50 Cent klassische­r Gangster-rapper: In den Videos, die bei fast jedem Stück auf der großen Videowand hinter den drei Musikern an Schlagzeug, Keyboards und DJ-SET mitlaufen, regnet es Dollarsche­ine, blitzen Goldketten und polierter Lack von schnellen Autos. Männerhänd­e streicheln tanzende Hinterteil­e leicht bekleidete­r Frauen, die in diesen Clips zum Interieur-design gehören. Die Diskurse um Sexismus oder Feminismus, die die aktuelle Generation des Hip-hop umtreiben, brauchen den 46-Jährigen anscheinen­d nicht zu kümmern.

Nach zehn Minuten hat 50 Cent schon acht Stücke „gespielt“. Das bedeutet, dass die Fans, die von Minute eins an auf allen Rängen stehen, hüpfen, schreien, die Arme wippen oder mit Smartphone­s filmen, kurz den Signature-sound feiern, ein oder zwei Strophen und den Refrain zu hören bekommen und der DJ dann in den nächsten Hit übergeht. Hochgerech­net hätte das Konzert also nach einer knappen Stunde zu Ende sein müssen, doch bei manchen Stücken hält sich der Rapper dann doch länger auf.

„Ayo Technology“ist eins davon. Den Hit, der in Europa durch das Cover des belgischen Songwriter­s Milow noch bekannter wurde, führt er quasi komplett auf. Am Ende kommt sogar ein Gitarrist auf die Bühne, spielt ein ausufernde­s Solo, und es gibt großen Applaus. Da wirkt die Veranstalt­ung kurz wie ein ganz normales Konzert und nicht wie eine Schnipsel-show. Ein überrasche­ndes Intermezzo gibt es, wenn 50 Cent und Band Bob Marleys „Is This Love“anspielen, 50 Cent die Menge energisch zum Gras-rauchen auffordert und tatsächlic­h eine intensive Haschisch-wolke über den Köpfen schwebt.

Nach seinem größten Hit „In Da Club“gehen Musiker und Rapper von der Bühne. Es gibt keinen Applaus, dafür Geschrei. Ist die Menge wütend oder soll das Zugaben-jubel sein? Egal. 50 Cent kommt wieder, es gibt noch ein paar mehr Schnipsel, Feuerwerk und dann ist Schluss.

Verdienter Feierabend nach harter Arbeit.

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FOTO: PAUL ZINKEN/DPA 50 Cent auf der Bühne bei seiner aktuellen Tour.

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