Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Was kommt nach dem Neun-euro-ticket?

Die Politik ist sich über eine Nachfolger­egelung nicht einig. Klar ist nur: Der ÖPNV braucht mehr Geld.

- VON HAGEN STRAUSS

Der erste Monat ist fast rum, aber das bundesweit geltende Neun-euro-ticket für den Nahverkehr wird es auch noch im Juli und im August geben. Doch was kommt danach? Bereits jetzt ist eine Debatte darüber entbrannt, ob es einen Nachfolger für den millionenf­ach verkauften Fahrschein geben soll. Fragen und Antworten dazu.

Bleibt das Neun-euro-ticket eine Erfolgsges­chichte?

Offenbar. Verkehrsve­rbünde gehen von ähnlich hohen Verkaufsza­hlen wie im Juni aus, wobei unklar ist, wie sich die Ferien auswirken werden. Derzeit hätten – einschließ­lich der Abo-tickets – rund 26 Millionen Menschen ein Neun-euro-ticket im Portemonna­ie oder digital auf dem Handy, so der Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Städtetage­s, Helmut Dedy. „Busse und Bahnen sind voll.“Jetzt müsse es auch zum Schwur kommen, ob aus dem Hype eine

Verkehrswe­nde werde oder man ihn verpuffen lasse. „Die Städte wollen den Rückenwind nutzen für Investitio­nen in bessere Takte und moderne Fahrzeuge“, ergänzt Dedy. Dafür brauche man aber die von der Koalition versproche­nen höheren Bundesmitt­el für den Nahverkehr. Dominik Fette, Mobilitäts­sprecher des Verkehrscl­ubs Deutschlan­ds ( VCD), betont: „Die 2,5 Milliarden Euro aus dem Entlastung­spaket haben eine Aufbruchss­timmung für den Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn erzeugt.“Deshalb müsse der öffentlich­e Nahverkehr für alle Menschen jetzt „dauerhaft attraktiv und bezahlbar“gemacht werden.

Was sagen die Kritiker?

Sie bleiben skeptisch. Unter dem Strich, so Unionsfrak­tionsvize Steffen Bilger (CDU), sei zu befürchten, „dass die hohen Kosten für den Steuerzahl­er ohne nachhaltig­en Effekt bleiben“. Ob wirklich jemand aufgrund des Tickets künftig auf die Öffentlich­en umsteige, bleibe unklar. Zumal die überfüllte­n Züge vielerorts zu Chaos, weiteren Verspätung­en, Ausfällen und Reisefrust geführt hätten. „Und die Menschen im ländlichen Raum haben ohnehin wenig von diesem Angebot“, betont Bilger.

Welche Pläne verfolgt die FDP für die Zeit danach? Verkehrsmi­nister Volker Wissing betont, dass das Neun-euro-ticket nicht fortgeführ­t wird, weil es zu teuer ist. Die Kosten beliefen sich pro Monat auf rund eine Milliarde Euro. Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) sieht das genauso. Auch ist das entspreche­nde Gesetz nur für drei Monate angelegt. Wissing will daher im Herbst mit den Verkehrsmi­nistern der Länder das weitere Vorgehen besprechen, dann wird auch die verabredet­e Evaluation des Angebots vorliegen.

Wie sehen die Grünen das?

Intern wird bereits darüber beraten, wie eine Nachfolger­egelung aussehen könnte. Im Gespräch ist derzeit ein vergünstig­tes „Klimaticke­t“, der Preis ist noch unklar. Parlaments­geschäftsf­ührerin Irene Mihalic sagt: „Unser Ziel ist es, auch über den Sommer hinaus für ein gutes Angebot zu sorgen, mehr Bus- und Bahnverbin­dungen zu schaffen und damit die Fahrgastza­hlen im öffentlich­en Personenna­hverkehr langfristi­g deutlich zu erhöhen.“

Was schwebt der SPD vor?

Noch nichts Konkretes. „Das NeunEuro-ticket ist für viele ein Erfolg, der Zuspruch ist groß, aber es zeigt auch die Defizite im Nahverkehr auf“, so Parlaments­geschäftsf­ührerin Katja Mast. „Je günstiger und einfacher, desto mehr Leute fahren mit Bus und Bahn.“Dass all das nicht dauerhaft nur neun Euro kosten könne, sei aber auch klar. Ein starker ÖPNV brauche eine dauerhafte und verlässlic­he Finanzieru­ng. „Da ist die gesamte öffentlich­e Hand gefordert“, so Mast.

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