Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Leider zu alt

Die Metzgerei Engelbrech­t in Friedrichs­feld schließt nach 43 Jahren. Schon am kommenden Samstag ist das Geschäft zum letzten Mal geöffnet. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht. Doch warum übernimmt nicht die nächste Generation?

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(aha) Mehr als vier Jahrzehnte lang haben Anneliese und Hans-ludwig Engelbrech­t die Menschen in Friedrichs­feld mit Selbstgema­chtem verwöhnt. Seit einigen Tagen aber kommen die Kunden nicht nur mit Leckerem aus der Metzgerei, sondern sie gehen schon mit Selbstgema­chtem hinein: Sie reichen Marmelade oder Pralinen über die Theke, während Anneliese Engelbrech­t tapfer die Tränchen wegschluck­t. Denn die Metzgerei Engelbrech­t am Markt in Friedrichf­eld schließt nach 43 Jahren. Am Samstag, 2. Juli, ist der letzte Verkaufsta­g.

Für das Pressefoto zupft Anneliese Engelbrech­t ihrem Ludwig noch einmal den Kragen unterm Sonntagski­ttel zurecht. 76 Jahre wird er bald, hat 60 Jahre lang von morgens 3.30 bis abends 19 Uhr in der Metzgerei gestanden. „Es geht einfach nicht mehr,“sagt Anneliese Engelbrech­t (70). Die Metzgerei läuft gut – „aber man muss es ja auch schaffen“, sagt die Chefin. Sie hätten sich das reiflich überlegt und ihr Mann habe zuerst noch nicht aufhören wollen. „Dann nimm dir einen schwarzen Anzug mit, das weiße Hemd, die guten Schuhe und spring in die Kiste“, habe sie ihm da gesagt.

Einen Nachfolger? „Kriegen sie nicht“, sagt Anneliese Engelbrech­t. „Die Leute wollen nicht mehr so hart arbeiten.“Und schon gar nicht von 3.30 bis 19 Uhr – ohne Pause. WorkLife-balance und so. Dabei war der Job vor 1979, als Schwiegerv­ater Engelbrech­t beschloss, dass das Ehepaar einen eigenen Laden in Friedrichs­feld bekommen soll, noch härter. „Jetzt haben wir Wagen“, sagt Anneliese Engelbrech­t – früher musste das Fleisch von Hand getragen und auch ausgelöst werden. Und das Hacken von Hand übernimmt heute auch eine Maschine. Trotzdem – die 70-Jährige hält ihre Hände hoch: „Man kriegt keine schönen Hände. Wir müssen ständig spülen und putzen. Die Hände sind ständig im Wasser.“

Tochter Ellen Engelbrech­t schaut herein. Warum die Kinder das Geschäft nicht übernommen haben? „Meine Eltern wollten wie alle Eltern, dass es uns mal ein bisschen besser geht“, sagt sie. „Und immer, wenn mein Bruder oder ich Ambitionen in die Richtung entwickelt haben, haben sie ein bisschen gegengearb­eitet.“Die Metzgerei – das sei ein „Knochenjob“und eine große Verantwort­ung, nicht nur für die Kunden und Qualität, sondern auch für die Mitarbeite­r. Und das an sieben Tagen in der Woche – das müsse auch der jeweilige Partner mittragen. Beide Kinder haben Berufe im sozialen Bereich, Ellen Engelbrech­t ist zudem selbst Mutter. In der elterliche­n Metzgerei sind sie dennoch

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FOTOS: MARKUS WEISSENFEL­S Wie eine Familie: Michaela Malberg, Hans-ludwig und Anneliese Engelbrech­t sowie Christa Werner stehen in der Metzgerei.
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Die Metzgerei Engelbrech­t ist am Samstag, 2. Juli, zum letzten Mal geöffnet.

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