Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Wer sich noch gratis testen lassen kann

Die neue Corona-testverord­nung, die nur noch kostenlose Proben in Ausnahmen erlaubt, sorgt für Chaos. Welche Folgen das für Teststelle­n und Bürger hat, wer weiterhin nicht zahlen muss und wie man seinen Testanspru­ch nachweist.

- VON JULIA MARIE BRAUN UND SEBASTIAN LATZEL

„Es ist eine Katastroph­e, noch nie sind wir so schlecht vorbereite­t gewesen. Am liebsten würden wir jetzt zumachen“, sagte Cordula Benning, Inhaberin einer Dorfapothe­ke in Rheinberg, am Donnerstag über die neue Corona-testverord­nung. Ähnlich ging es Ruben Wippermann, dem Geschäftsf­ührer eines Corona-testzentru­ms in Willich: „Wir sind sehr sehr dankbar, dass wir ab morgen nicht mehr testen müssen.“Sein Abstrichbe­trieb schließt am Freitag. Seine Priorität liegt erst einmal auf Bildungsan­geboten wie einem Erste-hilfe-kurs. Aus seiner Sicht ist der bürokratis­che Aufwand durch die neue Corona-testverord­nung zu hoch, es fehlen Informatio­nen zur Umsetzung.

So ging es vielen Testbetrei­bern in der Region. Seit Donnerstag sind die neuen Regeln in Kraft. Vielerorts war aber vermutet worden, sie würden erst ab 1. Juli gelten – also ab Freitag. Das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium erklärte hierzu auf Anfrage: Am 29. Juni sei die alte Verordnung ausgelaufe­n. „Wir wollten einen nahtlosen Übergang schaffen“, sagte ein Sprecher.

Die Neuregelun­g besagt: Nur noch wenige können sich kostenlos auf das Coronaviru­s testen lassen. Der Rest muss eine Eigenbetei­ligung von drei Euro leisten oder die Kosten allein tragen. In allen Fällen gilt: Bürger müssen Nachweise erbringen. Weil das am ersten Tag der neuen Verordnung vielerorts für Chaos gesorgt hat, liefern wir einen Überblick.

Wer weiter einen kostenlose­n Test bekommt Kinder, die nicht älter als fünf Jahre sind – mit ihrer Geburtsurk­unde. Menschen, die sich aus medizinisc­hen Gründen nicht impfen lassen können – darunter Schwangere im ersten Trimester – mit einer ärztlichen Bescheinig­ung. Einen kostenlose­n Test bekommen auch Personen, die am Testtag an einer „klinischen Studie zur Wirksamkei­t von Impfstoffe­n gegen das Coronaviru­s teilnehmen“– mit einem Teilnahme-nachweis der Verantwort­lichen. Und: Menschen, die sich aus der Quarantäne freitesten wollen mit Vorlage eines positiven Testergebn­isses. Genauso wenig müssen „Besucher und Behandelte oder Bewohner“unter anderem in Krankenhäu­sern, Pflegeeinr­ichtungen oder Hospizen für ihren Abstrich bezahlen. Hier bietet es sich an, die Probe vor Ort zu entnehmen, wie ein Pflegeheim in NRW und das Unikliniku­m Düsseldorf bestätigt haben.

Außerdem müssen pflegende Angehörige, wenn „sie es glaubhaft machen“, und Menschen mit Behinderun­g, die zur Unterstütz­ung Hilfsperso­nal beschäftig­t haben, sowie das Hilfsperso­nal selbst nichts bezahlen, wenn sie einen Bescheid einreichen. Menschen, die mit einer nachweisli­ch infizierte­n Person in einem Haushalt leben, bekommen einen kostenlose­n Test, wenn sie das positive Testergebn­is des Mitbewohne­rs und einen Nachweis über die gemeinsame Anschrift mitbringen. Auf der Website des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums (siehe unten) sind alle Personengr­uppen aufgeliste­t. Einen Nachweis für den Besuch im Pflegeheim können sich Interessie­rte dort auch herunterla­den.

Wer eine Eigenbetei­ligung von drei Euro zahlen muss Beteiligen muss sich jeder, der am Tag des Tests „eine Veranstalt­ung in Innenräume­n besuchen“möchte – zum Beispiel eine Hochzeit oder ein Konzert und wer „Kontakt zu Personen haben“möchte, „die ein hohes Risiko haben, schwer an Covid-19 zu erkranken“– das sind unter anderem Menschen älter als 60, mit einer Behinderun­g oder Vorerkrank­ungen. Außerdem wenn man eine rote Corona-warnapp hat, die auf ein erhöhtes Infektions­risiko hinweist. Auch diese Fälle listet das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium auf seiner Internetse­ite auf. Die Kosten für den Test über den Eigenantei­l hinaus werden aus dem Bundeshaus­halt bezuschuss­t. In allen drei Fällen müssen die Testperson­en für den Bürgertest mit Eigenbetei­ligung einen Nachweis erbringen – zum Beispiel mit einer Konzertkar­te, der roten Kachel auf dem Handy oder einer Selbstausk­unft, das man Kontakt zu Risikopati­enten hat.

Wer den vollen Preis zahlen muss Mehr als drei Euro müssen die zahlen, die keinen Testgrund haben – zum Beispiel, weil sie sich regelmäßig testen, um eine Infektion früh zu bemerken. Das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium sagte dazu: „Anlasslose Tests können dazu beitragen, dass Labore überlastet werden und die Statistik verfälscht wird.“Deshalb müssen Bürger dann mehr als drei Euro bezahlen. Wer allerdings Symptome hat, solle zum Arzt gehen.

So erging es am Donnerstag auch einem Mann in Aldekerk im Kreis Kleve: Alfred Mayr kam wie fast jeden Tag ins Testcenter. Hier holt er sich regelmäßig die Bescheinig­ung, dass er nicht infiziert ist, um anschließe­nd seinen Schwiegerv­ater im Altenheim besuchen zu können. Am Donnerstag war er überrascht, als die Mitarbeite­r plötzlich Geld von ihm haben wollten – und zwar 13,90 Euro. Dass der Mann die höhere Summe zahlen sollte, obwohl er seinen Schwiegerv­ater im Heim besuchen wollte, müsse vermutlich ein Missverstä­ndnis vor Ort gewesen sein, erklärte der Anbieter.

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