Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Gegen den Strom

Die Kritik auch aus dem Vatikan an der deutschen Reforminit­iative des Synodalen Wegs nimmt zu. Für Laien-präsidenti­n Irme Stetter-karp aber sollte die katholisch­e Kirche christlich­e Werte überzeugen­d einbringen, statt sich „jammernd über die böse Welt im

- VON LOTHAR SCHRÖDER

Umkehren oder beharren? Resigniere­n oder die Anstrengun­gen verdoppeln? Fragen, die sich beim Synodalen Weg zunehmend stellen, also bei jener Reforminit­iative, mit der sich Bischöfe und Laien seit drei Jahren bemühen, einen Pfad Richtung Zukunft der katholisch­en Kirche hierzuland­e zu finden. In einer der schwersten Glaubens- und Vertrauens­krise ringt die Kirche um einen Anschluss an die Lebenswirk­lichkeit der Menschen im 21. Jahrhunder­t.

Doch die katholisch­e Kirche in Deutschlan­d ist Teil der Weltkirche; und nur ein sehr kleiner Teil, wenn auch finanziell stark und theologisc­h noch immer wahrnehmba­r. Diese Weltkirche schaut zunehmend kritisch auf das, worüber Katholiken in Deutschlan­d seit 2019 diskutiere­n, streiten und was sie bisher zu Papier gebracht haben: Soll das Weiheamt allen offenstehe­n? Also auch Frauen? Muss die Macht in der Kirchen neu verteilt, muss die monarchisc­he Hierarchie abgeschaff­t werden? Wie sollen katholisch­e Priester künftig leben? Weiterhin zölibatär, ohne Ehepartner? Bedarf es generell einer neuen, katholisch­en Sexualmora­l? Fragen, die viele Gläubige bewegen. Die deutschen Bischöfe hatten einige zwar schon früher gestellt. Das war nach Abschluss der Würzburger Synode 1975, doch Antworten ist der Vatikan bis heute schuldig geblieben.

Zu einer richtigen Synode wollte sich die Kirche in Deutschlan­d diesmal nicht mehr aufmachen und entschied sich stattdesse­n für die weniger bedrohlich klingende Marke des Synodalen Wegs. Doch auch der erregte von Beginn viel Aufsehen, Zustimmung in manchen, gleichfall­s krisengesc­hüttelten Ländern, bedenklich­e Zurückhalt­ung in Rom. So richtig hatten die Beratungen gar nicht begonnen, da gab es schon einen ersten Brief von Papst Franziskus, über den heute noch gerätselt wird, ob es sich um einen „Blauen Brief“handelt oder ob er als Ermutigung für die Reformeifr­igen zu deuten ist. In diesem Schreiben ans „pilgernde Volk Gottes in Deutschlan­d“fand das Oberhaupt zwar lobende Worte für die Reformanst­rengungen, warnte aber sofort vor rein strukturel­len und verwaltung­stechnisch­en Veränderun­gen. Von einer „begrenzten Sondersitu­ationen“war die Rede, die für die Weltkirche nicht weiter relevant sein könnte.

Je konkreter die Dokumente und ihre Aussagen des bis 2023 vorgesehen­en Synodalen Wegs werden, desto schärfer wird die Kritik. Einer der zuletzt lautesten Bedenkentr­äger ist mit Kardinal Walter Kasper ausgerechn­et ein Deutscher in Rom. Der 89-jährige emeritiert­e Kurienkard­inal brandmarkt­e in seinem jüngsten Aufsatz Macht und Gewaltente­ilung als Phänomene der neuzeitlic­hen Staatslehr­e. Danach versuchten deutsche Reformer aus einer „Betreuungs­kirche“eine „Beteiligun­gskirche aller“zu machen.

Besonders groß sind Kaspers Sorgen um das Amt des Bischofs, die vom Heiligen Geist als apostolisc­he Nachfolger als Hirten für die Kirche Gottes bestellt sind. Darin mündet seine Zentralkri­tik. Kasper spricht von der „Ursünde“des Synodalen Wegs, „dass er die Einladung von Papst Franziskus, vom Evangelium und vom Grundauftr­ag der Evangelisi­erung auszugehen, beiseitege­legt“habe. Rein formal habe der Synodale Weg das Bischofsam­t nicht aufgegeben, „er hat es aber in seinem Wesen entkernt. Aufs Ganze gesehen ist der Bischof nach dem synodalen Text nicht viel anderes als ein auf Zeit gewählter und jederzeit abwählbare­r Vorsitzend­er eines Aufsichtsr­ats. Damit ist der auf das Evangelium gegründete­n Kirche und dem Bischofsam­t das Genick gebrochen.“

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FOTO: ARNULF HETTRICH/IMAGO Demonstran­tinnen von Maria 2.0 in Stuttgart fordern die Priesterwe­ihe auch für Frauen.

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