Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Schwere Vorwürfe gegen Pfarrer
Der Kaarster Winfried Pilz soll einen Schutzbefohlenen sexuell missbraucht haben.
(jasi) Es ist eine Nachricht, die auch in seiner früheren Wirkungsstätte Kaarst schockiert: Im Fall des 2019 gestorbenen Pfarrers Winfried Pilz bittet das Erzbistum Köln mögliche Opfer von sexuellem Missbrauch um Mithilfe zur Aufklärung. Das Bistum hofft, dass sich nun weitere Betroffene äußern.
Konkret wird Pilz beschuldigt, einen schutzbedürftigen Erwachsenen in den 1970er-jahren sexuell missbraucht zu haben. Die betroffene Person hatte sich 2012 an das Erzbistum Köln gewandt. Daraufhin wurde vom Erzbistum ein Verfahren eingeleitet und das Ergebnis der Glaubenskongregation in Rom übermittelt. Da sich der Vorwurf im Zuge der Untersuchung teilweise bestätigte, habe der damalige Kardinal Joachim Meisner dem Beschuldigten 2014 einen Verweis erteilt und ihm eine Geldstrafe auferlegt. Zusätzlich wurde dem Pfarrer, der sich bereits im Ruhestand befand, der Kontakt mit Minderjährigen ohne Anwesenheit weiterer erwachsener Personen verboten.
Der Fall wird auch im Missbrauchsgutachten der Kanzlei Gercke Wollschläger für das Erzbistum Köln behandelt. Danach hatte der als Sekretär für Pilz tätige Betroffene zum Zeitpunkt des sexuellen Kontakts das 18. Lebensjahr vollendet. Pilz habe darauf verwiesen, dass der Sex einvernehmlich stattgefunden habe.
Im Zuge der Aufarbeitung des Erzbistums Köln wurde der Fall den Angaben nach 2018 der zuständigen Staatsanwaltschaft nachgemeldet, die jedoch wegen der Verjährung keine Ermittlungen aufnahm, wie das Erzbistum erläuterte. 2021 ergaben sich schließlich Hinweise auf mögliche weitere Betroffene. Dass Pilz bereits gestorben war und seine Tätigkeit sich weit über das Erzbistum Köln hinaus erstreckte, habe die Recherchen erschwert. Vom 2. bis 10. Juli sollen nun Aufrufe an mögliche, bisher unbekannte Betroffene an allen ehemaligen Einsatzorten von Pilz erfolgen, wie das Erzbistum ankündigte.
Der Beschuldigte war unter anderem von 2000 bis 2010 Präsident des Kindermissionswerks der Sternsinger in Aachen, traf in dieser Funktion regelmäßig ranghohe Personen wie den damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler oder Kanzlerin Angela Merkel. In Kaarst war Pilz von 1989 bis 2000 als Pfarrer tätig und galt bis zuletzt als engagiert und hoch angesehen. Entsprechend geschockt zeigt sich die Katholische Pfarreiengemeinschaft Kaarst-büttgen. „Als Pfarrer von Kaarst sehe ich mich auch in einer persönlichen Verantwortung, dass mögliche weitere Betroffene angstfrei jede notwendige Hilfe erhalten“, so Ulrich Eßer, dem es nach eigenem Bekunden schwerfällt, „die richtigen Worte zu finden“.
Bekanntheit erlangte Pilz auch als Liedermacher. Als Jugendseelsorger textete er die deutsche Version eines italienischen Gitarren-ohrwurms. „Laudato si“, eine Adaption des Sonnengesangs des heiligen Franziskus, wurde in Deutschland ein großer Erfolg.
In Kaarst war Pilz lange als Pfarrer tätig und galt bis zuletzt als engagiert und hoch angesehen