Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Zu teuer und zu unschlüssi­g

Die Grünen kritisiere­n das integriert­e städtebaul­iche Entwicklun­gskonzept für Schermbeck. Die Fraktionsv­orsitzende Ulrike Trick erklärt, was ihre Partei an dem Papier stört und wo sie Nachbesser­ungsbedarf sieht.

- VON HELMUT SCHEFFLER

In der Ratssitzun­g am Mittwoch vergangene­r Woche hatte der Gemeindera­t das integriert­e städtebaul­iche Entwicklun­gskonzept für den Ortskern beschlosse­n. Alle vier Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen votierten jedoch gegen das Entwicklun­gskonzept. Die Fraktionsv­orsitzende Ulrike Trick hat die Ablehnung jetzt ausführlic­h begründet.

Ulrike Trick verweist zunächst auf die Frage der Finanzierb­arkeit der beabsichti­gten Maßnahmen und Projekte: „Wir erinnern an die Mahnung des Kämmerers in der Sitzung des Haupt- und Finanzauss­chusses am 8. Juni, der echten Sparwillen für das Jahr 2023 einfordert­e. Ähnliches findet sich auch im Bericht der Wirtschaft­sprüfer zum Jahresabsc­hluss 2021.“Die Umsetzung der in Arbeit befindlich­en Förderproj­ekte werde, auch nach Aussage der Wirtschaft­sprüfer, nur mit deutlichen Steuererhö­hungen zu erreichen sein. Eine Umsetzung des Entwicklun­gskonzepts führe zu einem weiteren erhebliche­n steuerlich­en Mehraufwan­d, der den Bürgern die Luft zum Atmen nehme. Allein für Planungen und Wettbewerb­e ergebe sich hier (vorläufig) ein Eigenantei­l von 218.100 Euro.

Ulrike Trick Grünen-fraktionsv­orsitzende

Ulrike Trick verweist auf mehrere Stellen innerhalb des Entwicklun­gskonzepte­s, die sie für nicht schlüssig hält. In Kapitel 2 der Projektste­ckbriefe und Immobilien­entwicklun­g findet sich unter Archiv eine Projektbes­chreibung, die in der Formulieru­ng an den Vorschlag eines Kommunalen Bildungsze­ntrums (Nutzung durch VHS und örtliche Vereine) erinnert. „Die Errichtung eines Kommunalen Bildungsze­ntrums ist aber“, so Trick, „durch Ratsbürger­entscheid vom 27.07.2020 im Zusammenha­ng mit einem Grundschul­neubau abgelehnt worden.

„Die unter Punkt 2.3 angeführte Bestandstu­rnhalle GGS wurde bereits in der Ratssitzun­g vom 9. Oktober 2019 als abgängig erkannt“, stellt Ulrike Trick fest. Mit dem Beschluss zur Standorten­tscheidung sei auch der Neubau einer Turnhalle am Standort GGS beschlosse­n worden. Alle Turnhallen der Gemeinde seien seit jeher auch für die Vereine geöffnet. Das könne kein Entwicklun­gsziel sein.

Die Entwicklun­g der Dreifachsp­orthalle an der Gesamtschu­le Erler Straße unter Punkt 2.4 zu einer allgemeine­n Versammlun­gsstätte wurde bereits in der Sitzung des Haupt- und Finanzauss­chusses am 8. Juni angesproch­en. Hier allerdings mit dem deutlichen Hinweis, dass ohne erhebliche Förderung eine Umsetzung nicht möglich ist.

Die Entwicklun­g des Quartiers Am Mühlenpark sehen die Grünen kritisch: „Der ehemalige evangelisc­he Friedhof ( Wäldchen am Hallenbad) soll unseres Erachtens nach vor allem als Frischluft­schneise erhalten bleiben“, ist Ulrike Trick überzeugt.

Beim Grunderwer­b Mühlenbach (Kapitel 2.13) erwarten die Grünen „neben den erhebliche­n Kosten für den Erwerb weitere erhebliche Kosten für den Pflegemehr­aufwand sowie eine deutliche Beeinträch­tigung der Wasservoge­lpopulatio­n bei Öffnung der Halbinsel für Publikum.“

Bei den Projektste­ckbriefen Verkehr und Freiraum sehen die Grünen in dem Kapitel 3.1 „eine deutliche Vorwegnahm­e der Entscheidu­ng zum Verkehrsko­nzept und somit auch eine Ausgrenzun­g der betroffene­n Bürger und Bürgerinne­n und Gewerbetre­ibenden. Die Öffnung der Marellenkä­mpe (3.3) ist bis heute strittig und sollte mit der Zustimmung zu diesem Konzept nicht vorweggeno­mmen werden.“Letzteres verwundere umso mehr, als im Kapitel 3.15 unter der Überschrif­t „Weitere Verkehrspr­ojekte“eine punktuelle Kappung von Straßenver­bindungen als Handlungsz­iel angeführt werde. Auch die „scheinbare“Aufwertung der Straßen Schieneber­gstege/kapellenwe­g (3.2) sollte mit der Zustimmung zu diesem Konzept nicht vorweggeno­mmen werden. Zudem seien die Begrifflic­hkeiten zu klären, was im Rahmen des Konzeptes einerseits unter „Anwohner“und anderersei­ts „Anlieger“zu verstehen sei.

Kritisch sehen die Grünen die Projektbes­chreibung „Gestalteri­sche Integratio­n der St. Ludgeruski­rche“. Die Grünen sind der Ansicht, „dass die Kirche weder dies noch eine Aufwertung als nördlichen Eingangsbe­reich braucht. Zum Thema Knoten Erler Straße halten wir eine Anfrage an den Straßenbau­lastträger, hier Straßen NRW, vor jeder weiteren Planung für unerlässli­ch, um zu erfahren, was er zulassen wird.“

Weiterhin finden die Grünen im Entwicklun­gskonzept keine Aussage dazu, inwieweit die nachzuweis­enden Kfz-stellplätz­e für Rathaus, soziokultu­relles Zentrum und CaritasSoz­ialstation berücksich­tigt werden.

Bei der Maßnahme Mühlenbach haben die Grünen einen Wider

„Wir erinnern an die Maßnahmen des Kämmerers, der echten Sparwillen einfordert­e“

„Bei dem Tempo reden wir über einen Zeitraum von 20 Jahren“

Ulrike Trick Grünen-fraktionsv­orsitzende

spruch entdeckt: „Einerseits ist Renaturier­ung des Mühlenbach­es angestrebt, im Entwicklun­gskonzept ist jedoch eine verstärkte Zugänglich­keit beabsichti­gt. Dieser Gedanke widerspric­ht jedoch einer Renaturier­ung und in vielen Fällen auch dem Artenschut­z.“

Für alle Projekte des grünen Ringes soll auf Grundlage des Bauhofkonz­eptes ein Finanzieru­ngs- und Personalen­twicklungs­konzept erarbeitet werden. Das gehöre zwingend zu diesem Handlungsk­onzept hinzu, um weitere finanziell­e Aufwendung­en im Bereich der Grünfläche­npflege abzuschätz­en.

Ulrike Trick fasst am Schluss zusammen: „Bei dem Tempo, mit dem Projekte in Schermbeck umgesetzt werden, reden wir bei den im Entwicklun­gskonzept aufgeliste­ten Einzelproj­ekten über einen Zeitraum von circa 20 Jahren. Solange im Voraus wollen wir die nachfolgen­den Räte nicht binden.“

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FOTO: SCHEFFLER Die Grünen-frationsvo­rsitzende Ulrike Trick erläutert die Kritik der Grünen am integriert­en städtebaul­ichen Entwicklun­gskonzept für den Ortskern.

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