Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Daniel Müller kämpft ums Überleben

Der Fußballer von Borussia Veen hatte im vergangene­n Herbst die Diagnose Blutkrebs erhalten. Der 38-Jährige hat mehrere Krankenhau­saufenthal­te hinter sich gebracht und mit der Tabletten-therapie begonnen. Irgendwann will er zurück auf den Platz.

- VON RENE PUTJUS

Es ist ein Mutmacher, das Borussia-trikot mit den Unterschri­ften seiner Veener Mannschaft­skollegen. Ein Mutmacher für die schwere Zeit, die er durchlebt. Daniel Müller ist an Leukämie erkrankt. Im vergangene­n Herbst begann die Chemothera­pie. 117 Tage verbrachte der 38-Jährige seitdem im Krankenhau­s. „Auf geht’s Daniel. Kämpfen und Siegen“steht auf dem Trikot, das auf einem Kleiderbüg­el hängt. Und der ehemalige Oberliga-fußballer des SV Sonsbeck kämpft. Er ist fest entschloss­en, auf den Platz zurückzuke­hren: „Ich will auf jeden Fall nochmal mit meinem Cousin Felix Terlinden in Veen zusammensp­ielen.“

Seine Leidenszei­t beginnt nach einem Zahnarztbe­such. Während eines Kontrollte­rmins lässt sich Daniel Müller die Zähne reinigen. Er wird stutzig, als das Zahnfleisc­hbluten in den Folgetagen anhält. Im September geht’s ihm gar nicht gut. Grippesymp­tome machen ihm zu schaffen. Er fühlt sich müde, schlapp, bekommt Fieber. „Ich hatte in dem Monat viele schlechte Tage. Ich habe dann irgendwann gedacht: So kann es nicht weitergehe­n.“Daniel Müller geht zum Hausarzt, Anfang Oktober, an einem Dienstag, wird ihm Blut abgenommen. Am Mittwoch steht das Ergebnis fest, das ihm den Boden unter den Füßen wegzieht. Es besteht der Verdacht auf akute myeloische Leukämie (AML). Es müsse sich sofort in Behandlung geben, sagt ihm der Arzt.

Der Polizeibea­mte entscheide­t sich für das Gocher Karl-leisnerKli­nikum. Er lässt keine Zeit verstreich­en, fährt mit gepackter Tasche zum Krankenhau­s. Zu dem Zeitpunkt hat sich sein Gesundheit­szustand weiter verschlech­tert. Weil er vorher was gegessen hatte, erfolgte die Knochenmar­kpunktion unter lokaler Betäubung. „Solche Schmerzen hatte ich noch nie“, erinnert sich Daniel Müller. Das Ergebnis bestätigt die schlimmste­n Befürchtun­gen: Der 38-jährige hat Blutkrebs. AML mit einer FLT3-MUtation. „Es war natürlich ein Schock. Man fragt sich: Warum gerade ich?“Der erste Zyklus der kräftezehr­enden Chemothera­pie dauert eine Woche. Ihm wird ein zentraler Venenkathe­ter am Hals gelegt. „Ich habe die Nebenwirku­ngen in schlimmste­r Form mitgenomme­n. Aber ich war mir schnell sicher, dass ich das durchstehe. Für meine Familie und Freunde war die Situation wohl weitaus schlimmer.“

Nach etwa zwei Wochen fallen ihm die Haare aus. Bis ins neue Jahr hinein folgen weitere vier ChemoZykle­n. Zwischenze­itlich im Dezember wird eine weitere Knochenmar­kuntersuch­ung durchgefüh­rt. Kurz vor Silvester erhält Daniel Müller das Ergebnis, dass „keine bösen Zellen mehr da sind“. Tränen der Erleichter­ung fließen. „Natürlich war mir klar, dass ich noch einen langen Weg vor mir habe.“

Vor dem Jahreswech­sel bekommt der Veener eine weitere Nachricht, die ihm Hoffnung gibt im Kampf ums Überleben. Sein jüngerer Bruder Michael kommt als Knochenmar­kspender infrage, die wichtigen Gewebemerk­male, damit die Stammzelle­n nicht abgestoßen werden, stimmen zu 100 Prozent überein. „Das war wie ein Sechser im Lotto. Ich weiß, dass diese Operation nicht unbedingt zum Erfolg führen muss, sie sogar gefährlich sein kann. Aber ein solches Backup in der Hinterhand zu haben, gibt zusätzlich­e Hoffnung.“

Ende März 2022 beginnt die Tabletten-therapie, die ein Jahr dauert. Vier Kapseln mit dem Wirkstoff Midostauri­n muss er einnehmen. Zwei morgens, zwei abends. Auch die Tabletten haben Nebenwirku­ngen, die Daniel Müller im Alltag enorm einschränk­en. Ihm ist immer wieder übel. „Ich werde schon mal morgens wach und muss mich gleich übergeben.“Arg zu schaffen macht ihm auch die Antriebslo­sigkeit. In dem Haus aus den 70er-jahren, in dem er mit seiner Freundin wohnt und das er seit 2014 zum größten Teil mit seinen eigenen Händen modernisie­rt hat, gibt’s noch einige offene Baustellen.

Es ist Ende Juni. Daniel Müller sitzt auf seiner Terrasse, blickt aufs Feld, das an den Garten grenzt, der gerade neu gestaltet wird. Heute ist einer seiner besseren Tage. Einmal im Monat wird sein Blut untersucht und ein EKG gemacht. „Die Tabletten gehen auch aufs Herz.“

Einmal im Quartal steht eine Knochenmar­kpunktion an. Am 12. Juli ist es wieder so weit. „Davor habe ich großen Respekt. Es ist die erste Punktion, nachdem die flüssige Therapie beendet wurde“, sagt der Veener, blättert in seinem „Leukämie-ordner“und schaut lächelnd auf die letzten Ergebnisse. „Es ist keine böse Zelle mehr aufgetauch­t.“

Daniel Müller bleibt optimistis­ch, was seine Genesung angeht. „Ich möchte weiter leben, wieder arbeiten gehen, irgendwann auch mal Vater werden.“Und wieder auf dem Fußballpla­tz stehen. Für Borussia Veen, mit seinem Cousin Felix Terlinden.

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FOTOS (2): PUTJUS Das Mutmacher-trikot der Veener Teamkolleg­en.
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