Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Klinikpersonal darf streiken
Im Kampf für einen „Tarifvertrag Entlastung“gibt es vom Gericht Rückendeckung für die Beschäftigten.
Die Uniklinik Bonn ist erneut mit dem Versuch gescheitert, den Streik ihrer Belegschaft gerichtlich zu stoppen. „Die Streikmaßnahmen der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi am Universitätsklinikum Bonn sind zulässig“, befand am Freitag das Landesarbeitsgericht in Köln. Es ist eine Entscheidung mit Signalwirkung. Beschäftigte von sechs nordrheinwestfälischen Unikliniken streiken in der nunmehr neunten Woche für einen Tarifvertrag, der ihnen Entlastung bei ihren Arbeitsbedingungen verschafft; vor allem durch bessere Personalschlüssel und Freizeitausgleich. Hätte sich die Bonner Klinik juristisch durchgesetzt, so wären die übrigen Krankenhäuser ermutigt gewesen, ebenfalls dagegen vorzugehen.
Das Gericht stellte unter anderem fest, dass der Streik nicht „unverhältnismäßig“ist, auch nicht in Abwägung mit Patientenrechten. Sicherzustellen sei „eine angemessene, ausreichende und geeignete Notversorgung“. Das sah die Kammer durch eine Vereinbarung gewährleistet, nach der nun immer mindestens 25 Operationssäle betriebsbereit sein sollen.
„Damit wird bestätigt, dass Streiks auch im Gesundheitsbereich legales Mittel der Auseinandersetzung sind“, sagte die Leiterin des Verdi-landesbezirks NRW, Gabriele Schmidt. Der Bonner Klinikvorstand habe „seine Energie darauf verschwendet, den Streik mit juristischen Winkelzügen zu beenden“, statt Lösungen zu suchen. Die Belegschaft macht geltend, dass das Mittel des Streiks ein Grundrecht ist. „Wie sonst können wir bessere Bedingungen durchsetzen?“
Die Uniklinik Bonn (UKB) verwies auf ein zunehmendes Risiko für Patienten. Laut Verdi seien an den sechs bestreikten Kliniken inzwischen mehr als 1800 Betten gesperrt und mehr als 50 Bereiche und Stationen geschlossen. „Am UKB konnten an den Streiktagen seit Anfang Mai etwa 200 Betten nicht betrieben werden, und täglich mussten Operationen ausfallen, sodass die Warteliste inzwischen mit über 1000 Patienten gefüllt ist, die medizinisch indizierte Operationen brauchen.“
Christina Weng Spd-fraktion im Landtag
Die Landespolitik stärkt den Streikenden den Rücken. Am Mittwoch brachte sie ein Gesetz auf den Weg, das einen „Tarifvertrag Entlastung“rechtssicher ermöglicht. Die Gesundheitsexpertin der SPD-LANDtagsfraktion, Christina Weng, forderte, die Arbeitgeber müssten „jetzt endlich ein annehmbares Angebot auf den Tisch legen“. Sie sagte unserer Redaktion: „Jede weitere Verzögerungstaktik verschlimmert die Lage und verhärtet die Fronten. Die Gesundheit unserer Gesellschaft steht hier auf dem Spiel – und zwar in jeder Hinsicht.“
Die Bonner Uniklinik wollte die Arbeitsniederlegung per einstweiliger Verfügung unterbinden. In erster Instanz scheiterte sie Mitte Juni vor dem Arbeitsgericht Bonn und ging in Berufung. Als nächsthöhere Instanz hat diese nun das Kölner Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.