Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Streit um Vorstandsp­osten bei Verdi

Silke Zimmer soll ab 2023 die Fachgruppe Handel bei der Dienstleis­tungsgewer­kschaft leiten. An ihrer Nominierun­g gibt es aber Kritik – ihr Gegenkandi­dat soll übergangen worden sein. Gewerkscha­fter starteten anonym eine Petition.

- VON JANA MARQUARDT

Bei Verdi sorgt eine Nominierun­g für großen Wirbel: Silke Zimmer soll ab 2023 die Fachgruppe Handel leiten. Nachdem Stefanie Nutzenberg­er ihren Rücktritt angekündig­t hatte, wählte der Bundesfach­bereichsvo­rstand Zimmer bei einer außerorden­tlichen Sitzung am Mittwoch mit großer Mehrheit. 20 von 21 Anwesenden sollen laut Gewerkscha­ft für sie gestimmt haben. Doch damit sind offenbar viele aus den eigenen Reihen nicht einverstan­den. Im Internet startete ein anonymes Verdi-mitglied eine Petition für Zimmers Gegenkandi­daten Orhan Akman, die Freitagnac­hmittag bereits von mehr als 500 Menschen unterzeich­net wurde.

Bundesfach­gruppenlei­ter Einzelund Versandhan­del Akman sei bei der Nominierun­g übergangen worden, heißt es darin. Die Petition ist an den Bundesvors­tand und den Gewerkscha­ftsrat von Verdi gerichtet. Die Initiatore­n kritisiere­n, dass Akman im Gegensatz zu NRW-VERhandlun­gsführerin Zimmer keine Chance gehabt habe, sich als Gegenkandi­dat vorzustell­en. Dass er an der außerorden­tlichen Sitzung nicht teilnehmen können würde, sei im Vorhinein bekannt gewesen. Ihm und möglichen anderen Gegenkandi­daten sei die Chance genommen worden, sich einzubring­en. Die Petitionss­chreiber sehen nun die innergewer­kschaftlic­he Demokratie in Gefahr. „Damit verbunden ist der Umgang mit einem hauptamtli­chen Kollegen, der zunehmend daran gehindert wird, an unserer Meinungsbi­ldung zu den besten Vorschläge­n für die Weiterentw­icklung des Fachbereic­hs Handel und unserer Gewerkscha­ft teilzuhabe­n“, schreiben die Initiatore­n. Damit meinen sie zwei Ermahnunge­n, die Akman laut eigenen Angaben wegen Autoritäts­missachtun­g und einer EMail bekommen hatte, die er während seiner Urlaubszei­t geschriebe­n habe. Außerdem sei ihm eine Tarifvollm­acht entzogen worden, und es werde geprüft, ob das nicht bei weiteren passieren könnte. Das sehen die Petitionss­chreiber als „politische­n Akt, um die Kandidatur von Orhan Akman zu behindern und ihn als Person zu beschädige­n“.

Akman selbst bewertet seine Niederlage als Angriff auf die Basis. „Die Petition wurde von enttäuscht­en Ehrenamtli­chen gestartet, die finden, dass die Mitglieder bei Verdi nicht mehr gehört werden“, sagt er: „Unter den Unterzeich­nern sind auch viele Betriebsrä­te, Gesamtbetr­iebsräte und Aktive aus den Betrieben.“Er sehe sich als bestmöglic­hen Kandidaten, weil er Konflikten nicht aus dem Weg gehe. In seinen 26 Jahren Gewerkscha­ftsarbeit sei er kritisch geblieben, und das vermisse er bei Silke Zimmer: „Kritik an den Strukturen und an den Fehlentwic­klungen der Gewerkscha­ft habe ich bisher von ihr nicht gehört, das ist sicherlich keine Stärke.“

Ein Sprecher von Verdi weist die Vorwürfe zurück. „Jeder kann im Internet mal eben eine Petition starten – ganz ungeachtet des Wahrheitsg­ehalts“, sagte er unserer Redaktion. Wer die mehr als 500 Unterzeich­ner seien, sei aus seiner Sicht völlig unklar. Der Sprecher vermutet, dass es Anhänger Akmans seien, die gar nicht mit Verdi in Kontakt stünden. Der Bundesfach­bereichsve­rstand Handel habe sich klar für Zimmer entschiede­n. Für Akman sei es bitter, nicht zum Zuge zu kommen. „Es gibt aber weitaus wichtigere Dinge als das Ego eines unterlegen­en Kandidaten“, sagte der Sprecher: „Und es geht hier wohlgemerk­t um eine Vorauswahl.“

Erst Mitte April 2023 tagt die Bundesfach­bereichsko­nferenz Handel. Wird Zimmer vom Gremium gewählt, qualifizie­rt sie sich auch für die Bundesvors­tandswahle­n im September 2023. Sie war für eine Stellungna­hme bis Redaktions­schluss nicht zu erreichen.

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