Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Der Aktivist Vettel stellt sich auch die eigene Zukunftsfr­age

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(dpa) Zwischen den grünen Hügeln von Silverston­e fühlt sich Sebastian Vettel wie ein waschechte­r Engländer. „Das stimmt in vielerlei Hinsicht, auch wenn es der Reisepass nicht zeigt“, sagt der 34-Jährige vor dem Großen Preis von Großbritan­nien, der so etwas wie ein Ersatz-heimspiel für ihn ist. Seine Liebe zum britischen Humor, das reiche Motorsport-erbe, sein Arbeitgebe­r Aston Martin – für Vettel ist es „ein sehr besonderes Wochenende“. Als Krönung gönnt sich der Hesse am Sonntag vor dem Rennen (16 UHR/RTL und Sky) noch eine Ausfahrt im 30 Jahre alten Williams-rennwagen, den einst Nigel Mansell zum Wm-titel pilotierte.

Die Spritztour zeigt auch, wie sehr sich Vettels Einstellun­g zu seinem Beruf geändert hat. Wie so oft in den vergangene­n Monaten verbindet er auch diesen Auftritt mit einer Botschaft für den Schutz von Klima und Umwelt. Betankt ist das Auto mit Co2-neutralem Kraftstoff. „Völlig nachhaltig“sei daher die Showfahrt, beteuert Vettel. Die Aktion sei seine Idee gewesen, schließlic­h gehört der Formel-1-oldtimer seit ein paar Jahren ihm.

Die Grand Prix sind für Vettel zur Plattform weit über den Sport hinaus geworden. In Miami machte er auf den steigenden Meeresspie­gel wegen des Klimawande­ls aufmerksam. In Kanada ärgerte er die Gastgeber mit Kritik am ökologisch schädliche­n Teersandab­bau zur Gewinnung von Erdöl. Vettel erhebt seine Stimme gegen Russlands Krieg in der Ukraine und unterstütz­t die Bewegung „Fridays for Future“. Er setzt sich für die Rechte der LGBTQ+-GEmeinscha­ft ein, also für Menschen mit unterschie­dlichen Identitäte­n und sexuellen Orientieru­ngen.

„Wichtiger als der Sport“seien diese Themen, sagt Vettel.

So mancher Beobachter fragt sich da: Wie wichtig ist ihm der Sport denn überhaupt noch? Am Rennsonnta­g von Silverston­e wird Vettel 35, auch seine drei Kinder haben seine Prioritäte­n verschoben. „Meine Kinder haben mir geholfen zu verstehen, dass es so viel mehr gibt, wie man Liebe in einer ganz anderen Dimension erlebt“, sagte er jüngst dem „Daily Telegraph“.

Noch betont Vettel immer wieder seine anhaltende Leidenscha­ft für das Rennfahren. Doch es schmerzt den viermalige­n Weltmeiste­r, dass er auch in diesem Jahr im Aston Martin tief im Mittelfeld feststeckt. Der letzte seiner 53 Siege liegt mehr als 1000 Tage zurück. Sein aktueller Vertrag läuft am Jahresende aus. Könnte dann nach 15 Jahren in der Formel 1 Schluss sein?

Teamchef Mike Krack will den Deutschen halten. „Ob er fahren will oder nicht, das ist seine Entscheidu­ng. Das ist ganz klar“, sagt der Teamchef. Aber was will Vettel? „Rein körperlich stecken noch einige gute Jahre in mir. Das ist nicht das Problem“, versichert er.

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FOTO: MATT DUNHAM/DPA Denkt an die Zukunft: Sebastian Vettel.

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