Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Alter und neuer Star von Antwerpen

Das ehrwürdige Königliche Museum der Schönen Künste hat einen neuen Bereich zur Präsentati­on jüngerer Kunst.

- VON BERTRAM MÜLLER www.kmska.be/en

Das Königliche Museum der Schönen Künste ist neuerdings ein Museum mit zwei Gesichtern. Das eine zeigt sich in der liebevolle­n, nahezu originalge­treuen Restaurier­ung der alten, hohen Säle mit ihren ovalen, gepolstert­en Bänken in der Mitte, die zum geruhsamen Betrachten von Rubens oder Jan van Eyck einladen. Das andere wirkt auf Fotomontag­en, als sei es von oben eingeschwe­bt: eine weiße Landschaft aus Treppen und Räumen für die Kunst nach 1880.

Das Rotterdame­r Büro Kaan Architecte­n hat sich das ausgedacht und dem Museum damit zu 40 Prozent mehr Ausstellun­gsfläche verholfen. Wie Rubens den Schwerpunk­t der alten Abteilung bildet, so steht James Ensor im Mittelpunk­t des neuen White Cube. Licht, Farbe und Gestalt werden dort die Leitthemen sein, wenn sich das Museum nach elfjährige­r Sanierung am 24. September wieder öffnet. Die flämische Regierung hat sich das Projekt von nicht nur nationalem, sondern auch europäisch­em Rang etwas kosten lassen: rund 100 Millionen Euro.

Adriaan Gonnissen, Kurator für moderne Kunst, vergleicht das königliche Museum der Alten Meister, der Moderne und der jungen Kunst von heute mit dem Frankfurte­r Städel und stapelt damit vielleicht zu tief. Schließlic­h ist das Haus schon allein in der Fülle seiner wandhohen und -breiten Rubensform­ate kaum zu überbieten. In der neuen Abteilung befindet sich das weltweit größte Konvolut von Werken des flämischen Symboliste­n, Surrealist­en und Expression­isten James Ensor, ebenso die umfangreic­hste Kollektion des hierzuland­e weniger bekann

Adriaan Gonissen Kurator für moderne Kunst

ten belgischen Malers und Bildhauers Rik Wouters.

Was Gonnissen wie viele seiner Landsleute vermisst, ist Ensors 4,30 mal 2,60 Meter messendes Gemälde „Der Einzug Christi in Brüssel“. Noch zu Beginn der 1980er-jahre war die von Masken wimmelnde Szene die Sensation des Hauses, doch es handelte sich um eine Leihgabe. Die Besitzer verkauften das Monumental­werk ans J. Paul Getty Museum in Los Angeles, nachdem sich der belgische Staat nicht in der Lage gesehen hatte mitzubiete­n.

Das ändert jedoch nichts daran, dass das Königliche Museum „unser alter und neuer Star“ist, wie Gonnissen betont: „Unsere Bilder sind die besten flämischen Botschafte­r im Ausland“. Seit dieser Woche kann man online Tickets buchen und sich dann von Rubens‘ Nackten ebenso beflügeln lassen wie von Hans Memlings „Gottvater mit singenden und musizieren­den Engeln“.

Mehr Infos gibt es unter:

„Unsere Bilder sind die besten flämischen Botschafte­r im Ausland“

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FOTO: MAETERLINC­K/DPA Direktorin Carmen Willems und Museumsprä­sident Luk Lemmens enthüllen „Carnaval de Binche“von James Ensor.
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FOTO: KARIN BORGHOUTS Das Königliche Museum der Schönen Künste in Antwerpen.

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