Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Wer schuld ist an der Euro-schwäche
Der Euro ist auf den tiefsten Stand seit fast 20 Jahren gefallen, und das ist die logische Konsequenz aus dem, was geo- und geldpolitisch gerade passiert. Bei den Investoren geht die Angst um, dass Wladimir Putin dem Westen nach den Wartungsarbeiten an der Pipeline Nord Stream 1 den Gashahn endgültig zudreht und damit eine Rezession auslöst, deren Verlauf und Länge noch niemand genau einschätzen kann. Sie nehmen Reißaus, und es droht ein Teufelskreis, weil mit weiter sinkendem Eurokurs die Importe noch teurer werden, die Inflation sich also zu verschärfen droht, was die Konjunkturaussichten noch trüber macht.
Dass der Westen die Zeche zahlt für die verfehlte Energiepolitik vergangener Jahre, ist die eine bittere Erkenntnis aus dem schleichenden Verfall des Währungswertes. Die Amerikaner haben ihren Energiemix in der Vergangenheit anders zusammengesetzt als die Europäer. Das macht sie unabhängiger vom Machthaber im Kreml, ihre Wirtschaft und damit auch die Währung stabiler. Davon ist Europa weit entfernt.
Der zweite Schuldige an der Euro-misere ist die Europäische Zentralbank, die den Kampf gegen die Inflation viel zu zögerlich führt. Die Amerikaner erhöhen die Zinsen schneller und deutlicher. Das mag in einem Land einfacher sein als in einem Europa der Vielen mit unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungskraft. Aber die Inflation muss das maßgebliche Kriterium für die Geldpolitik sein, und das ist viel zu lange vernachlässigt worden.
Man könnte jetzt ein bisschen Hoffnung aus der Tatsache ziehen, dass ein billiger Euro Deutschland als Exportnation hilft. Das wird die Folgen der Krise aber höchstens abmildern, weil die Nachfrage aus dem Ausland auch nachlassen wird. Für große Zuversicht besteht derzeit wirklich kein Anlass – und damit auch nicht für einen Aufschwung des Euro.