Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Bund soll Cybersicherheit stärken
Innenministerin Nancy Faeser schlägt dafür eine Grundgesetzänderung vor.
(dpa) Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat eine Grundgesetzänderung vorgeschlagen, um das ihrem Haus unterstellte Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zur Zentralstelle für Cybersicherheit zu machen. Eine vergleichbare Konstruktion gibt es schon beim Bundeskriminalamt (BKA) und beim Bundesamt für Verfassungsschutz, die eng mit den jeweiligen Landesbehörden zusammenarbeiten.
Die Verantwortung für Cybersicherheit liege aktuell noch bei den Ländern, das BSI könne daher bislang nur Amtshilfe leisten, sagte die Ministerin am Dienstag in Berlin. Das sei angesichts der gewachsenen Bedrohung nicht mehr zeitgemäß. Die Länder seien mit dieser Aufgabe langfristig „überfordert“. Sie habe zu ihrem Vorschlag einer Grundgesetzänderung aus den Ländern auch sehr positive Signale erhalten. Für eine Grundgesetzänderung bräuchte die Ampel-regierung im Bundestag auch Stimmen aus der Opposition, weil dafür eine ZweiDrittel-mehrheit erforderlich ist.
In den vergangenen zwei Jahren hatten mehrere Cyberattacken auf Kliniken und staatliche Stellen für große Probleme gesorgt. Insgesamt nahm die Zahl der Angriffe, die bekanntwurden, zu. Infolge des Cyberangriffs auf die Kreisverwaltung wurde im Landkreis Anhalt-bitterfeld am 9. Juli 2021 der Katastrophenfall ausgerufen. Mehrere Server waren mit sogenannter Ransomware infiziert worden. Dabei werden Daten verschlüsselt. Nach der Zahlung eines Lösegelds sollten diese dann wieder freigegeben werden. Der Landkreis lehnte die Geldzahlung ab und konnte daraufhin etliche Dienstleistungen nicht mehr erbringen.
Fdp-fraktionsvize Konstantin Kuhle mahnte, vor einer Grundgesetzänderung müsse zunächst das Aufgabenprofil des BSI klar umrissen und dessen Unabhängigkeit gestärkt werden. „Dazu gehört auch die Einrichtung eines funktionierenden Schwachstellenmanagements für alle Sicherheitsbehörden“, sagtekuhle. Dabei geht es um Sicherheitslücken in Hard- und Software, die bewusst nicht geschlossen werden, damit sich staatliche Stellen für Aufklärung oder Ermittlungen zu schweren Straftaten heimlich Zugang zu Handys und anderen Kommunikationsmitteln verschaffen können.
Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine stellte das Bundesinnenministerium zudem weitere Maßnahmen für mehr Cybersicherheit vor. Dazu gehört die Einführung eines zentralen Videokonferenzsystems für die Bundesverwaltung, das höchsten Sicherheitsanforderungen entspricht. Beim BSI soll für Unternehmen eine Plattform für den Austausch von Informationen zu Cyberangriffen entstehen.
Darüber hinaus sollen Investitionen in sogenannte Cyber-resilienzmaßnahmen bei kleinen und mittleren Unternehmen gefördert werden, wenn diese zur „Kritischen Infrastruktur“gehören – aus Branchen wie Verkehr, Ernährung, Gesundheit, Energie und Wasserversorgung. Zudem hat sich Faeser die Modernisierung der It-infrastruktur des Bundesamtes für Verfassungsschutz vorgenommen. Es soll auch mehr Befugnisse zur „Aufklärung technischer Sachverhalte bei Cyberangriffen fremder Mächte“erhalten.
Abstimmungsbedarf gibt es im Bereich Cybersicherheit jedoch nicht nur mit den Ländern, sondern auch innerhalb der Bundesregierung. Für Digitales ist Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) verantwortlich. Mit dem Kommando Cyber- und Informationsraum gibt es in der Bundeswehr einen Organisationsbereich zur Abwehr von Cyberangriffen. „Die Schnittstelle zum Bundesverteidigungsministerium werden wir immer haben müssen“, sagte Faeser. Gerade der Ukraine-krieg habe gezeigt, wie äußere und innere Sicherheit zusammenhingen.