Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Jedes Bild eine neue Entdeckung
Rund 30 Jahre musste die Wissenschaft warten, nun hat das James-webb-weltraumteleskop die Arbeit aufgenommen. Die ersten Aufnahmen sind spektakulär. Sie zeigen Sterne, deren Licht seit mehr als 13 Milliarden Jahren unterwegs ist.
Mehr als 20.000 Wissenschaftler und Ingenieure weltweit haben auf diesen Moment gewartet. Sie arbeiten für die Us-weltraumbehörde Nasa, die europäische Raumfahrtorganisation Esa und die kanadische Weltraumagentur CSA. Fast 30 Jahre lang haben sie an dem James-webb-teleskop ( JWST) gearbeitet, dessen Zukunft immer wieder in Gefahr war. Auch wegen der horrenden Kosten, die zehn Milliarden Us-dollar betragen. Aber am 25. Dezember 2021 startete das Weltraumteleskop dann doch ins All – an Bord einer europäischen Ariane-5-rakete. Es nahm seine Position in 1,5 Millionen Kilometer Entfernung von der Erde ein und begann mit den Tests, um neue Einblicke in unser Universum zu gewinnen – im Infrarot-licht, das für unser Auge nicht sichtbar ist, aber aufgrund der im Vergleich größeren Wellenlänge wird so der Blick nicht durch Staub behindert.
Die Hoffnung war, dass wir neue Einsichten erhalten und Antworten finden. Auch auf Fragen, die erst durch die Bilder des JamesWebb-teleskops aufgeworfen werden. Und diese Hoffnung hat sich erfüllt. Alleine schon die ersten Bilder, die am Dienstagnachmittag von den drei Weltraumorganisationen in einer leider zeitweise etwas zähen Veranstaltung präsentiert wurden, zeigen, wozu das JWST in der Lage ist. Und das sei erst der Anfang, wurde immer wieder betont. Schließlich soll „Webb“20 Jahre, wenn nicht sogar 25 Jahre im Betrieb sein.
Die Aufnahmen, die gezeigt wurden, entstammten wissenschaftlichen Projekten, die zeitgleich aber auch als Tests für die Systeme an Bord dienten. Und sie decken die gesamte Bandbreite dessen ab, was das Teleskop untersuchen kann. Die erste Aufnahme hatte in der Nacht zu Dienstag bereits Us-präsident Joe Biden vorab präsentiert: den detaillierten Blick auf den Galaxienhaufen „SMACS 0723“. Am Dienstagnachmittag wurde gezeigt, dass sich neben dem erwarteten Wasserstoff vor allem Sauerstoff und das Element Neon finden lässt. In Galaxien, die 13,1 Milliarden Jahre alt und relativ kurz nach dem Urknall vor 13,7 Milliarden Jahren entstanden sind. Vor allem das entdeckte Neon ist ein erster Beleg dafür, dass einige Theorien zur Sternentstehung im frühen Universum offenbar zutreffen.
Nur rund 1200 Lichtjahre entfernt findet sich der Planet „WASP96b“. Er ist etwas größer als Jupiter, hat aber nur die halbe Masse und umkreist seinen Stern in 3,4 Tagen. Die erste Analyse des JWST hat nun offenbart, dass sich in seiner Atmosphäre sehr viel Wasser finden lässt. Aber wegen der Nähe zu seinem Mutterstern und der Hitze von mehr als 500 Grad Celsius existiert es in Wolken und Dunstschleiern. Nun gehe es um die Häufigkeit diverser Elemente und die Frage, wie sich die Temperatur verändert, je tiefer man in die Atmosphäre eindringe. Es zeige aber, welche Entdeckung „Webb“in Zukunft auch bei anderen Welten machen könne. Schließlich hat man bereits mehr als 5000 davon um ferne Sonnen entdeckt. Und manche davon sind erdähnlicher als „WASP96b“. Zudem wird das Teleskop seinen Blick auch auf die Planeten und Monde in unserem Sonnensystem richten.
Der „Southern Ring“(Südlicher Ring) ist ein sogenannter planetarer Nebel, der aus dem Tod eines Sterns entstanden ist. In 2500 Lichtjahren Entfernung mit einem Durchmesser von einem halben Lichtjahr. Das wusste man bereits. Aber in den Infrarotaufnahmen des Webb-teleskops lassen sich nun die einzelnen Wellen erkennen, in denen der sterbende Stern seine Atmosphäre abgestoßen hat – und so diesen Ring formte. Diese kosmische Leiche ist indes Teil eines engen Doppelsternsystems. Und der „lebende“Partner ist von Staub umhüllt, was sich erst in den James-webb-aufnahmen enthüllte.
Die wohl atemberaubendste Aufnahme kam ganz zum Schluss. Sie zeigt den Carina-nebel in 7600 Lichtjahren Entfernung. Es ist eine Region, in der viele Sterne geboren werden. Doch wo die Bilder von Hubble nur Staubwolken offenbarten, zeigt „Webb“nun, wie viele junge Sterne es tatsächlich dort gibt. Mit Strukturen, von denen die Astronomen teilweise selbst noch nicht wissen, was genau sie sind.