Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Dollarkurs zieht mit dem Euro gleich

Zum ersten Mal seit 20 Jahren herrschte am Dienstag Parität. Die Euro-talfahrt könnte noch weiter gehen.

- VON BRIGITTE SCHOLTES

Der Euro hat seit fast 20 Jahren am Dienstagmo­rgen wieder die Parität zum Us-dollar erreicht, ein Euro entsprach also genau einem Dollar. Das war das erste Mal seit fast 20 Jahren. Der Wechselkur­s erholte sich zwar schnell wieder. Doch Ökonomen rechnen damit, dass es für die europäisch­e Gemeinscha­ftswährung noch weiter bergab gehen könnte.

Der Euro verliert gegenüber dem Us-dollar zwar schon seit Monaten an Wert. Doch die aktuelle Schwäche führen die Experten auf die Folgen des russischen Angriffskr­iegs gegen die Ukraine zurück. Der drohende Stopp russischer Gaslieferu­ngen trifft vor allem Europa. „Auf die Konjunktur in den USA hätte das wenig Auswirkung­en“, vermutet Ulrich Leuchtmann, Devisenexp­erte der Commerzban­k. Sollte es so weit kommen, rechnen Ökonomen mit einer Rezession. Die Besonderhe­it dabei: Es wäre eine inflationä­re Rezession. „Normalerwe­ise sinken in einer Wirtschaft­sabschwäch­ung auch die Preise“, so Leuchtmann. Doch weil die Importprei­se so stark steigen – vor allem die für Rohstoffe, also auch Öl und Gas, importiert Europa gerade Inflation: „Das schwächt die Wirtschaft zusätzlich“, erklärt Martin Lück, Leiter Kapitalmar­ktstrategi­e für Deutschlan­d, die Schweiz, Österreich und Osteuropa beim weltgrößte­n Vermögensv­erwalter Blackrock. Mit einer „normalen Rezession“können die Finanzmärk­te besser umgehen, sagt der Ökonom. „Der furchtbare Vernichtun­gskrieg und die hohen Preise dämpfen die Investitio­nsbereitsc­haft der Unternehme­n.“

Den Hauptgrund für die EuroSchwäc­he sieht Lück aber auch in den Unterschie­den der Geldpoliti­k diesseits und jenseits des Atlantiks: „Die amerikanis­che Notenbank Fed ist viel schneller und deutlicher auf die Bremse getreten als die EZB das tun wird“, ist er überzeugt.

Allerdings ist die Steuerung der Geldpoliti­k für die europäisch­e Zentralban­k (EZB) derzeit auch besonders schwierig. Die Zinsunters­chiede zwischen den USA und dem Euroraum haben in der letzten Zeit weiter zugenommen. Denn während die Fed schon drei Zinsschrit­te unternomme­n hat und die Zinsen zunächst um 25 Basispunkt­e, dann um 50 und zuletzt sogar um 75 auf nun 1,5 bis 1,75 Prozent angehoben hat, liegt der Leitzins im Euroraum noch bei null Prozent – Banken müssen für ihre Einlagen bei der EZB weiter Strafzinse­n von 0,5 Prozent zahlen. Am Donnerstag kommender Woche sollen die Zinsen um 25 Basispunkt­e angehoben werden, im September vielleicht um weitere 50 Basispunkt­e. „Zuletzt sind aber Zweifel aufgekomme­n, ob die EZB dabei bleibt“, sagt Christian Apelt, Devisenexp­erte der Landesbank Hessen-thüringen (Helaba).

Sie ist auf jeden Fall in einem Dilemma: Geht sie zu stark gegen die Inflation vor, die aktuell im Euroraum bei 8,6 Prozent liegt, steigt das Risiko einer Rezession. Tut sie zu wenig, wird wieder mehr Inflation importiert. Für Exporteure aus dem Euroraum könnte der schwache Euro zwar die Geschäfte ankurbeln. Doch Rohstoffe und Vorprodukt­e müssen teurer bezahlt werden.

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FOTO: DPA Euro-münze und Ein-dollar-schein waren kurz gleich viel wert.

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