Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Veggie-produkte werden immer beliebter

Tier- und Umweltschu­tz spielen dabei eine große Rolle. Doch es gibt noch einen anderen überrasche­nden Beweggrund.

- VON JANA MARQUARDT

Vegetarisc­he und vegane Ersatzprod­ukte erfreuen sich in Deutschlan­d immer größerer Beliebthei­t. Griffen 2020 täglich gerade mal fünf Prozent der Verbrauche­r zu diesen Fleischalt­ernativen, waren es 2021 schon neun Prozent. Vor allem bei den Jüngeren ist ein klarer Trend erkennbar: 14 Prozent der 14- bis 29-Jährigen und zwölf Prozent der 30- bis 44-Jährigen aßen jeden Tag Produkte wie Veggie-schnitzel, Soja-hack oder Käse auf Cashewbasi­s. Bei den über 60-Jährigen waren es nur vier Prozent. Das geht aus dem Ernährungs­report 2022 des Bundesmini­steriums für Ernährung und Landwirtsc­haft hervor. Wo liegen die Gründe für diesen Sinneswand­el?

Einer der weitverbre­itetesten für die Verbrauche­r ist die Neugier. 75 Prozent der 1000 vom Meinungsfo­rschungsin­stitut Forsa Befragten gaben dies als Motivation für den Kauf an. Das galt vor allem für Menschen unter 44 Jahren – und könnte den hohen Anteil derer erklären, die schon mindestens einmal Fleischers­atzprodukt­e gekauft haben. Der liegt bei 47 Prozent und damit vier Prozentpun­kte höher als im Vorjahr. 64 Prozent dieser Gruppe waren zwischen 14 und 29 Jahre alt, 29 Prozent über 60. Außerdem sagten zwei Drittel, dass sie ihren Fleischkon­sum reduziert hätten, und 44 Prozent, dass sie sich flexitaris­ch ernährten. Das heißt, sie essen nur gelegentli­ch Fleisch und lassen es meist bewusst weg. Weitere sieben Prozent bezeichnet­en sich als Vegetarier, ein Prozent als Veganer.

Auch das Tierwohl nimmt bei 71 Prozent einen hohen Stellenwer­t als Beweggrund ein – es hat im Vergleich zu 2020 enorm an Bedeutung gewonnen. Damals hatten dies erst 59 Prozent als kaufentsch­eidend angegeben. Und auch der Umweltschu­tz ist den Verbrauche­rn wichtiger geworden: Mit 64 Prozent war er für zehn Prozentpun­kte relevanter als im Vorjahr.

Bei 64 Prozent der Befragten kamen die Produkte geschmackl­ich gut an. Etwas weniger als die Hälfte kaufte sie, um gesünder zu leben. 15 Prozent klagten über Unverträgl­ichkeiten oder Allergien und fanden in den vegetarisc­hen und veganen Ersatzprod­ukten Alternativ­en.

Besonders beliebt sind dem Report zufolge pflanzlich­e Produkte wie Soja- oder Haferdrink­s, die 84 Prozent befürworte­n. Alternativ­en zu Fleisch- und Wurstprodu­kten haben in der Gunst der Verbrauche­r klar zugelegt: Mit 80 beziehungs­weise 70 Prozent Beliebthei­t sind das zwölf Prozentpun­kte mehr als 2020. Und auch den Ersatz für Joghurt und Fisch nutzten zu 58 und 18 Prozent jeweils zehn Prozent mehr als 2020.

Generell scheinen Verbrauche­r bei der Ernährung nach und nach umzudenken. Der Klimaschut­z rückt laut der Umfrage immer mehr in den Fokus. 84 Prozent der Befragten hielten ihn für wichtig oder sehr wichtig.

So achteten 60 Prozent auch darauf, ihre Einkäufe genau zu planen und nichts zu kaufen, was sie am Ende nicht verbrauche­n können. 54 Prozent hielten es für wichtig, regional einzukaufe­n, 53 Prozent setzten auf saisonale Produkte. Und mit 88 Prozent der Befragten wurden sogar deutlich mehr selbst aktiv: Sie gaben an, saisonales und regionales Gemüse einzukaufe­n, 83 Prozent achteten auf dessen Herkunft. 96 Prozent der Befragten prüften, ob sie ein Lebensmitt­el nach Ablauf des Mindesthal­tbarkeitsd­atums noch verzehren können, 74 Prozent brachten Verpackung­en mit und 46 Prozent ließen das Auto auf dem Weg zum Supermarkt stehen. Ob sie das regelmäßig machen, lässt der Report allerdings offen.

Im Ergebnis sehe sich Bundesland­wirtschaft­sminister Cem Özdemir (Grüne) durch die Meinungsum­frage in seinem Plan bestätigt, ein verpflicht­endes staatliche­s Tierhaltun­gskennzeic­hen einzuführe­n, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriu­ms. Denn der „überwiegen­den Mehrheit“sei die Einführung eines verbindlic­hen Siegels wichtig. Dieses Ergebnis könnte aber auch aus der gewählten Art der Befragung resultiere­n.

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