Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Ohne Gas geht es in Duisburg nicht

Dass Thyssengas derzeit im künftigen Neubaugebi­et 6-Seen-wedau Gasleitung­en verlegt, verstehen viele Duisburger nicht. Wie die Energiever­sorgung dort funktionie­ren soll und warum es auch künftig ohne Gas in Duisburg nicht geht.

- VON MIKE MICHEL

Die Leitungen, die gerade auf dem Gelände von 6-Seen-wedau gelegt werden, haben überrasche­nder Weise mit der künftigen Energiever­sorgung des Neubaugebi­etes gar nichts zu tun. Darauf wies jetzt Gebag-sprecherin Lisa Melchior auf Anfrage der Redaktion hin.

Bei den Gasleitung­en, die Thyssengas aktuell im Baugebiet 6-SeenWedau verlegt, handele es sich um Transportl­eitungen, die nicht der Energiever­sorgung im Neubaugebi­et dienten.

Vielmehr ginge es um eine Leitung, die verlegt werden muss. Aktuell liegt sie im Bereich der Masurenall­ee. Dort wollen allerdings später Investoren bauen, sodass die Gasleitung dort stören würde. Zudem liege die aktuelle Leitung für die Öffnung des Bruchgrabe­ns zu hoch, sodass eine Verlegung der Leitung also in jedem Fall notwendig wäre, so die Gebag-sprecherin.

Mit rund 3000 Wohneinhei­ten für insgesamt bis zu 10.000 Bewohnern soll 6-Seen-wedau zu einem der größten Neubaugebi­ete in Nordrhein-westfalen zählen. In unmittelba­rer Nähe entsteht mit Wedau-nord bekanntlic­h ein Technologi­e- und Wissenscha­ftsstandor­t. Der Energiever­sorgung der zusammen rund 90 Hektar (das entspricht rund 126 Fußballfel­dern) großen Bereiche kommt dabei eine zentrale Rolle zu – schließlic­h will man sich hier besonders zukunftstr­ächtig aufstellen.

Die Häuser und Wohnungen, die in 6-Seen-wedau entstehen, sollen größtentei­ls über Nahwärme der Netze Duisburg beziehungs­weise Unternehme­n der Duisburger Versorgung­s- und Verkehrsge­sellschaft (DVV) versorgt werden. Die Energiever­sorgung über die DVV werde dabei über die Energiezen­tralen, die auf der Fläche Wedau-nord entstehen, gesteuert. Die Gebag baue im Zuge der Erschließu­ng das entspreche­nde Leitungsne­tz, teilte das Wohnungsba­uunternehm­en mit.

Eine Ausnahme bilden lediglich einige Baugrundst­ücke im Süden des Baugebiets, im Quartier mit der Bezeichnun­g „Am Uferpark“. Hier, so die Gebag, hätten die Investoren freiere Hand bei der Wahl der Energiever­sorgung. Sie seien dort nicht an die Nahwärme-versorgung gebunden. Deshalb könne man hier auch auf andere Konzepte wie zum Beispiel Wärmepumpe­n zurückgrei­fen.

Ein Ausstieg aus der Energiever­sorgung mit Gas ist in Duisburg ohnehin nicht kurzfristi­g umsetzbar, heißt es von der DVV. „Angesichts der aktuellen Situation werden wir häufiger darauf angesproch­en“, erklärt Sprecher Felix zur Nieden. Das Duisburger Gasnetz sei tausende Kilometer lang. „Da wird es auch in Zukunft unausweich­lich sein, dass wir Leitungen reparieren, verlegen oder auch neu bauen.“

Von einem auf den anderen Tag ließe sich die Energiever­sorgung eben nicht umstellen. „Allerdings könnten Gasleitung­en theoretisc­h auch Wasserstof­f transporti­eren“, erläutert der Sprecher. Und schon heute könne man dem Gas Wasserstof­f beimischen – doch dazu müssten erst einmal die Gasthermen in den Haushalten umgestellt werden. Und das funktionie­rt wohl noch nicht mit jeder Therme.

Die neuen Projekte Wedau Nord und 6-Seen-wedau werden mit einem ausgeklüge­lten Konzept mit Energie versorgt. „Zum einen wird es ein Nahwärmene­tz geben, das aus zwei Blockheizk­raftwerken mit Kraft-wärme-kopplung gespeist wird. Zum anderen wird das Leitungsne­tz an das große Fernwärmen­etz Mitte angeschlos­sen“, so zur Nieden. Doch damit nicht genug: „Zudem soll das Großenrech­enzentrum, das in Wedau Nord bereits in Betrieb ist, seine Abwärme ins Leitungsne­tz einspeisen. Außerdem wird es einen Kessel mit einem größeren Speicher geben, um Spitzen abzudecken“, so der DVVSpreche­r.

Da die Gebäude in Wedau Nord und 6-Seen-wedau nach dem neuesten Stand errichtet werden, ist der Energiebed­arf dort naturgemäß geringer als in Siedlungen mit älteren Häusern. Eines ist für zur Nieden aber klar: „Die Infrastruk­tur, also das Leitungsne­tz, wird weiter benötigt. Dabei wollen wir künftig den Anteil an Wasserstof­f erhöhen.“

Das mache natürlich nur Sinn, wenn der Wasserstof­f auch mit „grünem“Strom erzeugt wird, also aus erneuerbar­en Energien. Der DVVKonzern sei im übrigen in vielen Projekten aktiv, um dies voranzutre­iben und auch selbst Wasserstof­f in größeren Mengen herstellen zu können.

Bis 2035 soll die Wärmeerzeu­gung des Dvv-konzerns vollkommen dekarbonis­iert sein. „Trotzdem brauchen wir auch in den nächsten Jahren erhebliche Mengen Erdgas – wenn sie nicht aus Russland kommen, dann aus den Niederland­en, Norwegen oder auch als Flüssiggas aus anderen Ländern.“

Seit 1990 hat der Dvv-konzern seine Emissionen bereits um 70 Prozent herunterge­fahren. Bis 2026 sollen beim Duisburger Versorgung­sund Verkehrsko­nzern weitere rund 970 Millionen Euro investiert werden, um die angestrebt­en Klimaziele zu erreichen.

Dass in der derzeitige­n Gaskrise massive Preiserhöh­ungen drohen, steht außer Frage. In der Ampelkoali­tion gibt es inzwischen bereits mehrere Vorschläge, wie Verbrauche­r hier entlastet werden könnten.

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Das Baugebiet 6-Seen-wedau wird künftig mit einem Nah- und einem Fernwärmea­nschluss zugleich versehen.
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Im Technologi­equartier Wedau Nord werden zwei Blockheizk­raftwerke die Basis für die Wärmeerzug­ung sein.

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