Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Ohne Gas geht es in Duisburg nicht
Dass Thyssengas derzeit im künftigen Neubaugebiet 6-Seen-wedau Gasleitungen verlegt, verstehen viele Duisburger nicht. Wie die Energieversorgung dort funktionieren soll und warum es auch künftig ohne Gas in Duisburg nicht geht.
Die Leitungen, die gerade auf dem Gelände von 6-Seen-wedau gelegt werden, haben überraschender Weise mit der künftigen Energieversorgung des Neubaugebietes gar nichts zu tun. Darauf wies jetzt Gebag-sprecherin Lisa Melchior auf Anfrage der Redaktion hin.
Bei den Gasleitungen, die Thyssengas aktuell im Baugebiet 6-SeenWedau verlegt, handele es sich um Transportleitungen, die nicht der Energieversorgung im Neubaugebiet dienten.
Vielmehr ginge es um eine Leitung, die verlegt werden muss. Aktuell liegt sie im Bereich der Masurenallee. Dort wollen allerdings später Investoren bauen, sodass die Gasleitung dort stören würde. Zudem liege die aktuelle Leitung für die Öffnung des Bruchgrabens zu hoch, sodass eine Verlegung der Leitung also in jedem Fall notwendig wäre, so die Gebag-sprecherin.
Mit rund 3000 Wohneinheiten für insgesamt bis zu 10.000 Bewohnern soll 6-Seen-wedau zu einem der größten Neubaugebiete in Nordrhein-westfalen zählen. In unmittelbarer Nähe entsteht mit Wedau-nord bekanntlich ein Technologie- und Wissenschaftsstandort. Der Energieversorgung der zusammen rund 90 Hektar (das entspricht rund 126 Fußballfeldern) großen Bereiche kommt dabei eine zentrale Rolle zu – schließlich will man sich hier besonders zukunftsträchtig aufstellen.
Die Häuser und Wohnungen, die in 6-Seen-wedau entstehen, sollen größtenteils über Nahwärme der Netze Duisburg beziehungsweise Unternehmen der Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (DVV) versorgt werden. Die Energieversorgung über die DVV werde dabei über die Energiezentralen, die auf der Fläche Wedau-nord entstehen, gesteuert. Die Gebag baue im Zuge der Erschließung das entsprechende Leitungsnetz, teilte das Wohnungsbauunternehmen mit.
Eine Ausnahme bilden lediglich einige Baugrundstücke im Süden des Baugebiets, im Quartier mit der Bezeichnung „Am Uferpark“. Hier, so die Gebag, hätten die Investoren freiere Hand bei der Wahl der Energieversorgung. Sie seien dort nicht an die Nahwärme-versorgung gebunden. Deshalb könne man hier auch auf andere Konzepte wie zum Beispiel Wärmepumpen zurückgreifen.
Ein Ausstieg aus der Energieversorgung mit Gas ist in Duisburg ohnehin nicht kurzfristig umsetzbar, heißt es von der DVV. „Angesichts der aktuellen Situation werden wir häufiger darauf angesprochen“, erklärt Sprecher Felix zur Nieden. Das Duisburger Gasnetz sei tausende Kilometer lang. „Da wird es auch in Zukunft unausweichlich sein, dass wir Leitungen reparieren, verlegen oder auch neu bauen.“
Von einem auf den anderen Tag ließe sich die Energieversorgung eben nicht umstellen. „Allerdings könnten Gasleitungen theoretisch auch Wasserstoff transportieren“, erläutert der Sprecher. Und schon heute könne man dem Gas Wasserstoff beimischen – doch dazu müssten erst einmal die Gasthermen in den Haushalten umgestellt werden. Und das funktioniert wohl noch nicht mit jeder Therme.
Die neuen Projekte Wedau Nord und 6-Seen-wedau werden mit einem ausgeklügelten Konzept mit Energie versorgt. „Zum einen wird es ein Nahwärmenetz geben, das aus zwei Blockheizkraftwerken mit Kraft-wärme-kopplung gespeist wird. Zum anderen wird das Leitungsnetz an das große Fernwärmenetz Mitte angeschlossen“, so zur Nieden. Doch damit nicht genug: „Zudem soll das Großenrechenzentrum, das in Wedau Nord bereits in Betrieb ist, seine Abwärme ins Leitungsnetz einspeisen. Außerdem wird es einen Kessel mit einem größeren Speicher geben, um Spitzen abzudecken“, so der DVVSprecher.
Da die Gebäude in Wedau Nord und 6-Seen-wedau nach dem neuesten Stand errichtet werden, ist der Energiebedarf dort naturgemäß geringer als in Siedlungen mit älteren Häusern. Eines ist für zur Nieden aber klar: „Die Infrastruktur, also das Leitungsnetz, wird weiter benötigt. Dabei wollen wir künftig den Anteil an Wasserstoff erhöhen.“
Das mache natürlich nur Sinn, wenn der Wasserstoff auch mit „grünem“Strom erzeugt wird, also aus erneuerbaren Energien. Der DVVKonzern sei im übrigen in vielen Projekten aktiv, um dies voranzutreiben und auch selbst Wasserstoff in größeren Mengen herstellen zu können.
Bis 2035 soll die Wärmeerzeugung des Dvv-konzerns vollkommen dekarbonisiert sein. „Trotzdem brauchen wir auch in den nächsten Jahren erhebliche Mengen Erdgas – wenn sie nicht aus Russland kommen, dann aus den Niederlanden, Norwegen oder auch als Flüssiggas aus anderen Ländern.“
Seit 1990 hat der Dvv-konzern seine Emissionen bereits um 70 Prozent heruntergefahren. Bis 2026 sollen beim Duisburger Versorgungsund Verkehrskonzern weitere rund 970 Millionen Euro investiert werden, um die angestrebten Klimaziele zu erreichen.
Dass in der derzeitigen Gaskrise massive Preiserhöhungen drohen, steht außer Frage. In der Ampelkoalition gibt es inzwischen bereits mehrere Vorschläge, wie Verbraucher hier entlastet werden könnten.