Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

„Fleißige Leute sind willkommen“

Der Bundesjust­izminister erläutert die Pläne zur Reform des Staatsbürg­erschaftsr­echts.

- HAGEN STRAUSS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Herr Minister, die Reform des Staatsbürg­erschaftsr­echts ist auf der Zielgerade­n. Was sind die wichtigste­n Erleichter­ungen?

Der Erwerb der deutschen Staatsange­hörigkeit wird künftig schneller gehen – zugleich aber schwierige­r sein. Eine Einbürgeru­ng soll bereits nach fünf statt nach acht Jahren möglich sein. Wenn jemand sehr gute Sprachkenn­tnisse hat oder sich besonders ehrenamtli­ch engagiert, soll die Einbürgeru­ng bereits nach drei statt nach fünf Jahren möglich sein. Zugleich war mir wichtig, dass eine Einbürgeru­ng nur dann möglich ist, wenn die Menschen von ihrer eigenen Arbeit leben können. Das heißt: Der Bezug von Sozialleis­tungen wie Bürgergeld oder Grundsiche­rung schließt eine Einbürgeru­ng im Regelfall aus. So sieht es der Entwurf nun vor.

Wie begründen Sie das?

Voraussetz­ung für den deutschen Pass ist eine gelungene Integratio­n. Dazu gehört in der Regel, dass man wirtschaft­lich auf eigenen Beinen stehen, also sich und seine Familie versorgen kann. Wir schaffen also einen klaren Anreiz, dass man durch eigene Arbeitslei­stung eine Einbürgeru­ng erreichen kann. Denn wir wollen Einwanderu­ng in den Arbeitsmar­kt und nicht in die sozialen Sicherungs­systeme.

Aus der SPD sind da schon kritische Töne zu hören. Wird es Härtefallr­egeln geben?

Das eigene Leben wirtschaft­lich bestreiten zu können, wird der Normalfall sein, wenn man sich einbürgern lassen will. Es wird nur wenige Ausnahmen geben. Ein Interessen­t muss mindestens 20 der letzten 24 Monate in Vollzeit berufstäti­g gewesen sein. Wer fleißig ist und sich anstrengt, soll es leichter haben. Zudem bleibt es bei Gastarbeit­ern oder Ddr-vertragsar­beitern, die schon sehr lange im Land sind, bei der bisherigen Rechtslage. Damit zollen wir der Lebensleis­tung dieser Generation Respekt, die unserem Land sehr geholfen hat, ohne aber Fehlanreiz­e für die Zukunft zu setzen.

Zieht die Koalition denn jetzt bei den Neuregelun­gen an einem Strang?

Wir haben in der Regierung eine intensive, aber sehr gute Debatte geführt. Jetzt haben wir ein gemeinsame­s Ergebnis, das sich sehen lassen kann. Wir haben ja ein Interesse an Zuwanderun­g in unser Land – wir sind darauf sogar angewiesen. Es muss aber Zuwanderun­g von Menschen sein, die arbeiten können und wollen. Dafür wird das neue Recht Anreize setzen. Diskussion­en um Zuwanderun­g und den deutschen Pass werden ja oftmals emotional geführt. Wir verklären weder auf der einen Seite Probleme bei der Integratio­n, noch schüren wir auf der anderen Seite Ängste oder Vorurteile. Wir haben ganz nüchtern unsere Interessen festgelegt und kluge Kriterien entwickelt, wann man wie Deutscher werden kann. Das war überfällig und ist ein Meilenstei­n.

Was ist ein weiterer Ausschluss­grund neben dem Bezug von Sozialleis­tungen?

Eine weitere Voraussetz­ung für eine Einbürgeru­ng ist, dass man die deutsche Sprache spricht und sich in Deutschlan­d gesellscha­ftlich integriert. Bislang ist es so, dass Einbürgeru­ngsbewerbe­r sich mit einer Erklärung zur freiheitli­chdemokrat­ischen Grundordnu­ng bekennen müssen. Dieses Bekenntnis wollen wir aufwerten. Denn das Erlangen der Staatsbürg­erschaft ist etwas Besonderes. Wir wollen daraus echte Einbürgeru­ngsfeiern machen. Im Gegenzug heißt das aber eben auch: Wer unsere Werte-grundordnu­ng des Grundgeset­zes nicht akzeptiert, kann nicht Deutscher werden. Konkret heißt das etwa, dass eine Einbürgeru­ng ausgeschlo­ssen ist, wenn jemand in einer Mehrehe lebt oder Männer und Frauen nicht als gleichbere­chtigt anerkennt. Und wir verschärfe­n auch deutlich die Regelungen dazu, dass antisemiti­sche oder andere menschenve­rachtende Straftaten ein harter Ausschluss­grund sein werden.

Wie wollen Sie verhindern, dass Antisemite­n eingebürge­rt werden, wie soll der Nachweis geführt werden?

Wenn sich jemand einbürgern lassen will, wird schon heute abgefragt, ob er straffälli­g geworden ist. Das schärfen wir nun nach. Die Staatsange­hörigkeits­behörden sollen zukünftig auch bei bestimmten Bagatellve­rurteilung­en verpflicht­et sein, sich in Zusammenar­beit mit den Staatsanwa­ltschaften das Motiv der Tat anzusehen. Wenn etwa hinter einer Beleidigun­g ein antisemiti­sches oder menschenve­rachtendes Motiv steckt, schließt das die Einbürgeru­ng aus. Antisemite­n dürfen keinen deutschen Pass bekommen.

Welche Effekte erhoffen Sie sich von der erleichter­ten Einbürgeru­ng für den Arbeitsmar­kt?

In vielen Bereichen des Arbeitsmar­ktes haben wir einen Mangel an qualifizie­rten Fachkräfte­n. Wir freuen uns daher, wenn qualifizie­rte Menschen aus der ganzen Welt nach Deutschlan­d kommen wollen, um hier zu leben und zu arbeiten. Dafür haben wir bereits das Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetz vorgelegt. Durch die verkürzten Fristen bei der Einbürgeru­ng wollen wir das Signal senden: Fleißige Leute sind in Deutschlan­d willkommen – nicht nur als Arbeitskrä­fte, sondern auch als deutsche Staatsbürg­er.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany