Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Waldorfschüler präsentieren „Das Experiment“
(EA) Metallgitter, dicke Ketten und kaltes Licht – die Bühne der Freien Waldorfschule Dinslaken verwandelt sich in die Kulisse eines sterilen Gefängnisses. Seine Wärter und Insassen: die 18 Schülerinnen und Schüler der 12. Klasse.
Im Theaterstück „Das Experiment” spielen sie freiwillige Versuchspersonen in einem psychologischen Experiment nach wahren Begebenheiten, in dem sie zu Beginn zufällig in „Gefangene” und „Wachen” eingeteilt werden. Im Verlauf des Stückes werden die Machtverhältnisse dieser beiden Gruppen immer ungleichmäßiger, es kommt sogar zu Gewalt.
„Ruhe in den Zellen” schallt es immer wieder durch die angespannte Atmosphäre in der Aula der Waldorfschule. ,,Es ist kein schönes, aber wichtiges Stück”, erzählt die Zwölftklässlerin Maria Güldenberg. Sie selbst spielt eine der Gefangenen, die im Experiment Nummern anstatt Namen tragen. „Das Experiment regt sehr zum Nachdenken an. Es erzählt von extremen Machtverhältnissen und Machtmissbrauch, auch außerhalb des Gefängnisses“, fügt sie hinzu.
Jede 12. Klasse an der Waldorfschule bringt ein Theaterstück auf die Bühne. Anstatt des regulären Unterrichts arbeitet die Klasse drei Wochen intensiv an ihrem Theaterprojekt. Dabei kommt alles von den Schülerinnen und Schülern selbst. Die Stückauswahl, die Kostüme, das Bühnenbild sowie das in diesem Fall ausdrucksstarke Plakat, auf dem zwei gemalte, sich in die Augen schauende Menschen die Machtverhältnisse und die Angst der Experimentteilnehmenden schon im Vorhinein verdeutlichen.
Unterstützt wird die Klasse von der Regisseurin Johanna Wagner. Die freiberufliche Schauspielerin war selbst Schülerin der Waldorfschule, weshalb die Arbeit mit den Zwölftklässlern ein richtiges Herzensprojekt für sie ist. Voller Stolz erzählt sie von den Entwicklungen, die das Stück, aber auch jede und jeder Einzelne im Laufe der Proben gemacht hat. „Es sind wunderbare, schwer auszuhaltende zwei Stunden, weil die Themen so gut dargestellt werden”, erzählt sie über die Aufführung.
In zwei Akten erzählen die Schauspielenden die bewegende und harte Geschichte eines ausgearteten Experiments, in dem sie die Zuschauenden immer wieder an und über die Grenzen des Zumutbaren führen. „Ich hatte die ganze Zeit Gänsehaut”, erzählt eine Zuschauerin, sichtlich ergriffen von dem Gesehenen und mit Tränen in den Augen.
Die Schülerinnen und Schüler zeigten „Das Experiment“am Wochenende, an dem auch das Frühlingsfest der Freien Waldorfschule stattfand, in zwei Vorstellungen.