Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Ein Werk vom Werden und Vergehen
Lukas Derungs führt mit seinem Quintett und dem Jazzchor Freiburg die multimediale Kosmos Suite auf.
(bes) Ein ganzes Leben in einem Konzert: Dieses Ziel hat sich Lukas Derungs mit seiner „Kosmos Suite“gesteckt. Das Werk handelt vom Werden und Vergehen. Von der Geburt, dem Erwachsenwerden, dem Altern und der Möglichkeit, dass das Ende ein neuer Anfang ist. Ein großes Thema also und deshalb hat es der Jazz-pianist bei seiner im Oktober 2022 uraufgeführten Kosmos Suite nicht bei einem Konzeptwerk für sein Jazz Quintett belassen.
Dem Jazzchor Freiburg kommt in dem Gesamtkunstwerk aus Chorsätzen, gesprochenem Wort und Instrumentalparts eine zentrale Aufgabe zu und präsentiert wird das Musikstück vor einer bühnenfüllenden Computeranimation. „Multimedial“lautet das Stichwort für das ehrgeizige Projekt, das die Jazz Initiative Dinslaken am Donnerstag in die Kathrin-türks-halle holte und damit sogar Besucher aus Hameln in die Stadt lockte.
Spiegeln die Teile der Suite „Spark“, „Blast“, „Life“, „Void“, und „Home“nun den Lebenszyklus eines Planeten oder eines Menschen wider oder sind die Abfolgen ruhiger und chaotischer Musikpassagen Vertonungen von Gefühlen? Lukas Derungs kann in seinen einleitenden Worten selbst nicht genau Trennlinien ziehen: Letztendlich bestimmen musikalische Folgerichtigkeiten eine Komposition. Und so gilt: Am Anfang war die Stille. Und aus der Stille formt sich ein Summen, Intervalle und spannungsgeladene Dissonanzen, die eine Entwicklung
bedingen. Derungs teilt sich das Dirigat des Freiburger Jazzchors mit dessen erstem Leiter Bertrand Gröger und seinem Stellvertreter David Brooke.
Präzise und intonationssicher entsprechen die Sängerinnen und Sänger den vielfältigen Anforderungen vom Singen sich reibender Sekundschritte über weiches Close Harmony bis hin zur Polyphonie der
Renaissance. Dieser stilistisch aus dem Rahmen fallende Chorsatz in der Mitte der Suite war ein Höhepunkt des Abends.
Derungs wandert zwischen den Stilen. Die Lieder, die er als auch die Solistinnen Neele Pfleiderer und Immy Churchill singen, muten fast poppig an. E-gitarrist Karim Saber, der wie Churchill eigens für das Konzert aus London angereist ist, Jan
Dittmann (Kontrabass), Jonas Esser (Schlagzeug) und Laurence Wilkins (Flügelhorn) steigern sich immer wieder ins muntere Free-jazz-chaos. Und dazwischen steht die kleine, schlichte Melodie, bei der das Publikum zum Mitsummen aufgefordert ist: Sie symbolisiert die Seele, die unveränderliche Individualität, die sich in der Schiere des Universums erhält.