Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Zum vierten Mal beim Klavier-festival Ruhr
Ausbildung Anna Zassimova trat bereits zum vierten Mal beim Klavier-festival Ruhr auf. Ihre Ausbildung zur Pianistin begann sie mit sechs Jahren am Gnessin-institut in Moskau. In der Zeit des Zusammenbruchs der Sowjetunion kam sie durch persönliche Umstände von Russland nach Deutschland, wo sie – unterstützt durch ein Stipendium des DAAD – die Möglichkeit zum
Klänge geradezu aus dem Flügel ergießen. Derart erquickt geht man in die Pause.
Schuberts Versuch, in seiner Sonate fis-moll mal so zu klingen wie sein großes Idol Beethoven ist eigentlich kaum der Rede wert. Man kann dem Schlusssatz in Gedanken den 3. Satz der Mondscheinsonate unterlegen und der Bonner gewinnt bei jedem Motiv. Zassimova interessiert etwas völlig anderes: Franz
Studium an der Hochschule für Musik Karlsruhe bei Michael Uhde und Markus Stange erhielt. Heute unterrichtet sie neben ihrer Konzerttätigkeit selbst an der Musikhochschule. Im Juni erscheint ihre neue CD mit Chopin-einspielungen.
Anna Zassimova ist auch als bildende Künstlerin tätig. Sie widmet sich der Landschaftsmalerei in Öl. Eine Auswahl ihrer Bilder zeigt sie auf ihrer Homepage
Schuberts Ecksätze blieben unvollendet und die Musikwissenschaftlerin präsentiert sie – im Gegensatz zu anderen Pianisten, die die fehlenden Reprisen nach den Regeln der Sonatensatzform formal korrekt ergänzen – genau so, wie sie im Urtext Fragment bleiben: „Darin liegt auch eine künstlerische Wahrheit“, so Zassimova. Und mit diesem Gefühl des gewaltsamem Herausgerissenwerdens geht es in die Saderazki-sonate,
den ersten, aufgewühlten Satz, in dem die Erinnerungen an Schönes noch aufzusteigen vermögen – eine Analogie zum ersten Teil des Abends.
Was folgt, nennt Saderazki „Arie“– es ist die pure Verzweiflung. Die Bässe ziehen alles nach unten, die Last erdrückt die Mittelstimme. Und was in den oberen Lagen erklingt, ist kaum mehr als deren Echo, der Gedanke an Hoffnung, der von der Realität eingeholt wird. Und alles, was durch diese Reibung aufgestaut wurde, entlädt sich als Wut im dritten Satz. Ist das die Komposition von Saderazki oder Zassimovas Interpretation, die einen nun derart erschüttert?
Es ist dunkel geworden in der Idylle von Schloss Gartrop, in dessen Alter Rentei die Pianistin mehrfach betonte, wie glücklich sie sei, eingeladen worden zu sein. Und Trost spendet einmal mehr die Musik: Liszts Consolation Nr. 1 Andante con moto S171a: Verträumt. Romantisch. Entrückt in eine bessere Klang-welt, beantwortet von brandendem Applaus des Publikums.