Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Walter-borjans kritisiert die Finanzpolitik
Die Hamminkelner SPD lud zum jährlichen „Frühlinkserwachen“. Der prominente Politiker sprach in Dingden über soziale Gerechtigkeit.
(EKA) „Mehr Umverteilung wagen!“– Unter diesem Motto, das an Willy Brandts berühmten Ausspruch „Mehr Demokratie wagen“erinnert, sind zum jährlichen „Frühlinkserwachen“des Ortsvereins der SPD Hamminkeln ungefähr 70 Parteimitglieder nach Dingden gekommen.
Malte Schulters, Vorsitzender der SPD Hamminkeln, begrüßt neben den Genossen auch einige Ratsmitglieder anderer Parteien und mit dem prominenten Gastredner Norbert Walter-borjans, den ehemaligen Nrw-finanzminister und früheren Co-vorsitzenden der Bundespartei.
Doch zunächst geben örtliche Politiker ihre Sicht der politischen Situation wider. So wie der Fraktionsvorsitzende der SPD im Rat der Stadt Hamminkeln, Jörg Adams, der sich den aktuellen Themen der städtischen Politik widmet, wobei er die finanzielle Situation der Stadt besonders in den Focus nimmt. Nach einem musikalischen Intermezzo des Duos „Fine & Mellow“greift der stellvertretende Vorsitzende der Kreis-spd, Peter Paic, den Gedanken seines Vorredners auf. Ohne finanzielle Unterstützung durch das Land und den Bund seien die teils neuen Aufgaben der Kommunen nicht zu bewältigen: „Wie sollen wir das alles bezahlen?“, fragt er eindringlich und befürchtet im schlimmsten Fall einen „Systemausfall“. Etwas leichter hat es da der Spd-kandidat für das Europäische Parlament: Norbert Schulz-wemhoff lobt die Freizügigkeit und die Vorteile der europäischen Gemeinschaft. Um gemeinsam Europa besser zu machen, mahnt er aber auch mit Blick auf die Flüchtlingsproblematik mehr Solidarität an.
Besonders mit dem Erwerb von Datensätzen mit mutmaßlichen Steuerbetrügern hatte sich Norbert Walter-borjans einen Namen gemacht. Die vielfältigen aktuellen Krisen verunsicherten viele Menschen; daher gebe es einen „berechtigten Unmut“in der Gesellschaft. Aber „Berlin“gleiche einer Käseglocke. Dabei sei es so wichtig zu wissen, „die haben unsere Sorgen im Blick.“Ein Vertrauensverlust sei „fatal.“
Dann widmet es sich der grundsätzlichen Frage: „Wie finanziert sich das Gemeinwesen?“Bevor man an eine Umverteilung der Vermögen denke, sei es wichtig zu fragen, ob an der Verteilung grundsätzlich etwas falsch sei. Man müsse gucken, „dass die Mitte zufrieden ist“, und sich nicht ein kleiner Teil „nach oben absetzt“.
Eine Möglichkeit, „die Mitte mit ihrem bescheidenen Wohlstand zu bewahren“, sieht er auch in einer deutlichen Ausweitung der Tarifbindung. Er kritisiert die konservative Politik, die vor allem durch die „Schwarze Null“wichtige Investitionen „grandios vernachlässigt“habe. Als Beispiel nennt er den maroden Zustand von Straßen und Brücken, die Deutsche Bundesbahn, das Bildungswesen und den Gesundheitssektor. Das bringe letztlich „mehr Schulden in der Zukunft.“
Sparen bedeute in der Praxis meist nur kürzen. Man solle es machen wie die schwäbische Hausfrau, die ihr Haus beizeiten renoviere und ihren Kindern ein intaktes Erbe hinterlasse. Man dürfe nicht auf Investitionen verzichten, die Schuldenbremse sei kein geeignetes Mittel. Dafür müsse man vielmehr Menschen überzeugen wollen, „auch wenn Koalitionen das zunächst nicht zulassen.“