Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Schattentheater begeistert das Publikum
Das „Theater der Dämmerung” brachte das Märchen des kleinen Prinzen nach Dinslaken. Eine Zuschauerin zeigt sich emotional: „Da kommen Erinnerungen hoch”.
(ema) Tiefgründige Erzählungen und kunstvolle Schattenspiele erfüllten die Herz-jesu Kirche in Oberlohberg. Das „Theater der Dämmerung” brachte das moderne Märchen des kleinen Prinzen und seine Weisheiten über Freundschaft und das Menschsein nach Dinslaken. Der Förderverein der Herz-jesu Kirche habe das Stück von Antoine Saint-exupéry ganz bewusst ausgewählt, berichtet Käthi Klein in ihrer Ansprache. „Nach der Bibel und dem Koran ist der Kleine Prinz eines der meistverkauften Bücher der Welt“, und das sicherlich auch wegen seiner vielfältigen Zielgruppe. „Es ist für Leute, die das Staunen noch nicht verlernt haben und für alle, die glauben, alles zu wissen.“Es sei eine Geschichte, die viele Fragen unserer Zeit beantworten würde, fügt sie hinzu.
Auf einer 1 x 1,3 Meter großen, beleuchteten Leinwand erschaffen Regisseur und Sprecher Friedrich Raad und Bühnenbildbauer Wanja Kilber eine märchenhafte Parallelwelt, in welcher man auf minimalistische Weise, nämlich nur mit Licht und Schatten, die Reise des kleinen Prinzen verfolgen kann. Nachdem eine stolze Rose auf seinem Planeten gewachsen ist und dem Prinzen verdeutlicht, sie käme allein zurecht, macht er sich auf die Suche Freunde zu finden, reist dabei von Planet zu Planet, ohne zu wissen, was Freundschaft
überhaupt bedeutet. Auf seiner Reise will er vor allem eines: Verstehen.
Dabei trifft er auf einen lobgierigen Eitlen, einen beschämten Säufer und einen Geografen, der noch nie etwas anderes, als seinen eigenen Schreibtisch gesehen hat und die Welt, in der er lebt, nur aus Büchern kennt. Immer wieder fragt der kleine Prinz sich „Warum sind die Menschen so grausam gegen sich selbst?” Die Antwort darauf findet er auf der Erde, besser gesagt in einem Fuchs, der unbedingt vom kleinen Prinzen gezähmt werden will, um sein Freund zu sein. Es brauche dabei Zeit, um sich zu vertrauen, erklärt er dem kleinen Prinzen. „Die Menschen haben keine Zeit, etwas kennenzulernen”, fährt er fort, „daher haben sie keine Freunde mehr.”
Es fällt schwer zu glauben, dass der kleine Prinz und sein vierfüßiger Freund nichts als der Schatten ausgeschnittener Pappe ist, denn die Bewegungen ihrer Schatten sind so geschmeidig und natürlich, dass man zwischendurch glatt vergisst, dass die Figuren nicht selbst atmen. Von den stacheligen Haaren, der Pluderhose, den Schnürstiefeln bis zu den Gesichtszügen des kleinen
Prinzen ist alles klar zu erkennen: Das Schattentheater besticht durch seine Detailgenauigkeit in seiner gleichzeitig minimalistischen Darstellungsform.
Durch seine Reise und das Kennenlernen anderer Menschen und dem Begreifen des Freundschaftsbegriffs, spürt der Prinz, dass es ihn wieder zu seinem eigenen Planeten, zu seiner Rose zieht, deren Freundschaft er vorher nicht erkennen konnte. „Ich hätte sie nach ihren Taten, nicht nach ihren Worten bewerten sollen”, versteht der kleine Prinz. Diese Feststellung in ihrer lyrischen Formulierung ist auch für Friedrich Raad einer der Gründe die Geschichte des kleinen Prinzen zu inszenieren.
Mit großer Leidenschaft und leuchtenden Augen spricht er nach der Aufführung über die Kunst des Schattentheaters, die den ausgebildeten Schauspieler seit seinem fünften Lebensjahr begleitet. Die Kernaussagen der Geschichte finde er in Gesellschaft und Politik, bekräftigt er. Dass er der Geschichte mit seinen vielfältigen Erzählstimmen und Klangfarben, mit Variationen in Tempo und Lautstärke Leben einhaucht, berührt wohl alle Zuschauer in der gut gefüllten Herzjesu Kirche.
Birgit Sommer aus der zugehörigen Kirchengemeinde denkt mit den Schattenbildern vor sich auch an ihre Jugend, in der sie das Buch gerne gelesen hat. Besonders die Szene zwischen dem Prinzen und dem Fuchs hat sie sehr berührt. „Da kommen viele Erinnerungen hoch”, erzählt sie, sichtlich mitgerissen von der Aufführung. Mit den altbekannten poetischen Weisheiten, verpackt in eine neue Erinnerung, im Kopf, bricht noch im begeisterten Applaus für „das Theater der Dämmerung” in Oberlohberg die Dämmerung an.