Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Viele Tonnen Altkleider im Jahr

Schon seit einigen Jahren setzt der Kreis Wesel auf die kommunale Sammlung von gebrauchte­n Textilien. So kann er nun gelassen reagieren, wenn sie bald zur Pflicht wird.

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(sz) Vom 1. Januar 2025 an dürfen Kommunen die Altkleider­sammlung nicht mehr allein Privatfirm­en oder karitative­n Verbänden überlassen. Öffentlich rechtliche Entsorger müssen dann selbst Container bereitstel­len. Obwohl das bereits seit dem Jahr 2020 beschlosse­ne Sache ist, setzt es nun manchen Kreis und manche Kommune unter Zugzwang, Lösungen müssen her. Der Kreis gibt sich gelassen, schon seit Jahren setze man auf öffentlich­e Container in den 13 kreisangeh­örigen Kommunen, privatwirt­schaftlich­e Sammler benötigen eine Genehmigun­g, daneben gibt es noch Container für karitative Zwecke.

Zuständig für die Sammlung sind die Kommunen selbst, den Vertrieb der Alttextili­en übernimmt die Kreis Weseler Abfallgese­llschaft für alle, wie sie es etwa auch beim Altpapier tut. „Das hat den Vorteil, dass der Kreis Wesel eine größere Marktmacht hat und bessere Konditione­n erzielen kann als die Kommunen“, erläutert Helmut Czichy, zuständige­r Dezernent beim Kreis Wesel. Im Jahr rechnet der Kreis mit maximal 6500 Tonnen Altkleider­n, rund 2300 Tonnen davon gehen im Schnitt an private Unternehme­n und gemeinnütz­ige Verbände. Im gesamten Kreisgebie­t gibt es etwa 500 Container der Kommunen. Vor allem die größeren sammeln selbst über ihre Eigenbetri­ebe, Wesel, Dinslaken und Moers beispielsw­eise, außerdem Hamminkeln, Rheinberg und Kamp-lintfort.

Andere haben die Aufgabe delegiert, weil sie sie selbst nicht stemmen können: Neukirchen-vluyn, Voerde, Alpen, Sonsbeck, Hünxe und Schermbeck. 1,2 Millionen Euro hat der Kreis im vergangene­n Jahr für Alttextili­en eingenomme­n, rund 400.000 Euro davon flossen in die Logistik, die Wartung und Reparatur der Container. Mit den Kommunen rechnet die KWA entspreche­nd deren Aufwand ab.

Im Kreis habe man schon vor zehn Jahren auf öffentlich­e Container gesetzt, erläutert Michael Wolf, Fachbereic­hsleiter beim Kreis Wesel. Das Problem: War der Preis für Alttextili­en hoch, ist die Zahl der gewerblich­en Sammler explodiert. „Immer mehr Container standen herum. Sanken die Preise, wurden sie nicht mehr geleert, die Kommunen mussten sich um den Müll kümmern“, so Wolf. Im Kreis fand man eine gemeinsame Lösung, die Kommunen sammeln und Gewerblich­e müssen einen Standplatz beantragen. Im Ergebnis habe sich das Stadtbild geändert, in etlichen Kommunen seien gewerblich­e Container

aus dem öffentlich­en Raum komplett verschwund­en.

„Es gibt lediglich noch Verträge mit privaten Grundstück­seigentüme­rn, so gibt es Sammelbehä­lter auf Supermarkt­parkplätze­n etwa“, erläutert Wolf. Gegen „wilde“Standplätz­e gingen die Kommunen inzwischen energisch vor.

Hintergrun­d der neuen Regelung im Kreislaufw­irtschafts­gesetz sei der Wunsch des Gesetzgebe­rs, dass die Bürger immer Angebote vorfinden, ihre Altkleider zu entsorgen, ganz egal wie der Marktwert der Ware aktuell ist. „Kommunen sammeln, auch wenn sie keinen Gewinn erzielen“, so Wolf.

Anders als Caritas, DRK, Diakonie&co, die für den guten Zweck sammeln lassen, sieht der Kreis die gewerblich­en Sammler durchaus als Konkurrenz an: Wer seine Altkleider in den öffentlich­en Containern entsorgt, trägt zur Senkung der eigenen Müllgebühr­en bei, denn der Erlös fließt in den Gebührenha­ushalt ein. Bei Gewerblich­en dagegen profitiere­n lediglich die Unternehme­n. Anders als andere Kreise, steht der Kreis Wesel jetzt nicht unter Druck, zu handeln. Perspektiv­isch aber sieht es für das Geschäft mit den Alttextili­en nicht gut aus: Zwar ist der Anteil der Fremdstoff­e im Container nach Corona wieder gesunken, er liege bei fünf bis acht Prozent.

Aber: Die Qualität sinkt zunehmend. „Die Dämmstoffi­ndustrie verwendet gerne Baumwollfa­ser, die viel in Autos verarbeite­t wird“, erläutert Karl Heinz Verhueven, der bei der KWA für die Vermarktun­g des Materials verantwort­lich ist. „Fast Fashion“ist kaum brauchbar. Verbrauche­r kaufen die Synthetikw­are billig, tragen sie wenig und entsorgen sie schnell. Ist das Ergebnis zu gebrauchen?

Es stelle sich die Frage, ob Synthetikf­asern chemisch recycelt werden können. „Das stößt aber an die Grenzen der Wirtschaft­lichkeit“, so Verhueven. Weiterer Faktor, der große Gewinne mit der Altkleider­vermarktun­g kaum erwarten lässt: Die neue Regelung gilt von 2025 an europaweit. „Die Märkte vergrößern sich, das drückt die Preise“, erwartet Verhueven.

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FOTO: OPPITZ Weil gewerblich­e Container für Altkleider nur in Zeiten hoher Preise bereitsteh­en, sollen Kommunen selbst Altkleider­container aufstellen (Symbolbild).

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