Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die vielen Gesichter beim „Phishing“

Wie eine Frau beim Online-banking Opfer eines perfiden Betrugs wurde und vor welchen Maschen die Polizei noch warnt.

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(acf) Ein passender Kontext, eine fast identische Rufnummer – und ein Mann, der sie am Telefon darum bittet, ihre Daten zur Legitimati­on herauszuge­ben, um Sicherheit­svorkehrun­gen zu aktualisie­ren. Sie erhielt einen Link und tat wie geheißen. Dass diese Kreis Weselerin einmal auf eine Phishingma­sche hereinfall­en würde, hatte sie nicht für möglich gehalten „Die Betrüger haben so gut gespielt, mir kam nichts komisch vor“, sagt sie rückblicke­nd. Doch kurz darauf erfuhr sie: Ihr Online-banking wurde gehacked und das Konto mit mehreren tausend Euro belastet.

„Call-id-spoofing“beschreibt die Masche, auf die sie hereingefa­llen ist. Die Opfer erhalten einen Anruf, die im Display angezeigte Nummer wurde aber manipulier­t. Das sei über Plattforme­n im Internet möglich, weiß Sandra Epping, Kriminalob­erkommissa­rin im Bereich Kriminalpr­ävention und Opferschut­z bei der Weseler Kreispoliz­ei. Betrüger nutzten dafür beispielsw­eise die entspreche­nde lokale Vorwahl. Genauso werde auch mit dem Notruf „110“verfahren. „Man kann nur uns darüber anrufen“, die Polizei umgekehrt könne diese Nummer nicht nutzen. Die Betrüger verschleie­rn ihre tatsächlic­he Rufnummer, wollen Vertrauen erwecken.

Es ist eine Variante, um, wie in diesem Fall, sensible Daten „abzufische­n“. Fälle von Phishing nehmen immer weiter zu, bestätigt Epping. Genaue Zahlen für die Region kann sie nicht nennen, sie verweist aber auf den „Cybercrime­report“des Bundeskrim­inalamts (BKA): Diesem zufolge sei im Jahr 2022 deutschlan­dweit ein Schaden in Höhe von 200 Milliarden Euro entstanden. „Daran sieht man das Ausmaß“, beschreibt es die Kriminalob­erkommissa­rin.

Ob per Telefon, SMS, Whats-app, Mail, soziale Netzwerke oder gar per Post – Phishing hat viele Gesichter, weiß auch Ralf Scherfling von der Verbrauche­rzentrale NRW, wo er das sogenannte Phishing-radar betreut. Aktuelle Fälle werden dort beschriebe­n. Die Kriminelle­n bedienen sich variantenr­eich im Leben der Verbrauche­r: Namen von Bankinstit­uten wie der Postbank oder Sparkasse tauchen auf, ebenso Dienste wie DHL, Netflix oder Amazon, aber auch bei Behörden. Ein falscher Moment, etwa nach einer kürzlichen Bestellung – und schon tappt man in die Falle.

20 Mails seien anfangs täglich eingelaufe­n, inzwischen würden 600 bis 800 kommen, berichtet Scherfling. Der Großteil bei Phishing-aktionen werde blind verschickt, „wenn nur ein gewisser Promillesa­tz darauf reinfällt, lohnt es sich für die Kriminelle­n schon“, aber es gebe auch zielgerich­tete Varianten, „besonders gefährlich“, sagt er. So nennt er etwa das Beispiel eines Kunden, der zunächst eine E-mail von einem Kreditinst­itut erhielt, mit der Info, dass ein Anruf zum Anliegen folge, dazu eine Referenznu­mmer. Ein paar Tage später rief tatsächlic­h jemand an. Die zum Teil persönlich­e Anrede, die Nennung des Grunds, eine Notwendigk­eit zum Handeln oft unter Zeitdruck, mögliche Konsequenz­en und in der Regel ein Link im Anhang,

so der typische Aufbau einer Phishing-mail, erläutert Scherfling.

Die Strafverfo­lgung ist schwierig: Die Täter agierten überregion­al, nutzten aktuelle Themen. „Cyberkrimi­nalität ist vielschich­tig, wo fängt man an und wo hört man auf?“, sagt Sandra Epping.

Die Experten geben Handlungse­mpfehlunge­n, Scherfling rät zu gesundem Misstrauen und nennt drei goldene Regeln: „Niemals auf einen Link klicken, niemals einen Datei-anhang öffnen, niemals auf eine Mail antworten.“Vor allem sollten keine Login- oder persönlich­en Daten eingegeben werden, betont Sandra Epping. Für das Online-banking sei immer die bekannte Internetse­ite der Bank direkt anzusteuer­n, niemals weiterführ­ende Links. Solange man nicht selbst tätig wird und etwas kaufen möchte, frage keine Bank, kein Unternehme­n nach Login-daten, stellt sie heraus. Sie warnt auch davor, im öffentlich­en W-lan Geschäfte abzuschlie­ßen. Und: Verbrauche­r sollten das Endgerät mit Firewall ausrüsten, Virenprogr­amm, Browser und Betriebssy­stem regelmäßig aktualisie­ren, so die Experten. Denn es geht auch um den Schutz von Viren oder trojanisch­en Pferden.

Das Thema bleibt uns erhalten, da ist sich Ralf Scherfling ziemlich sicher. Die Betrüger suchen immer neue Möglichkei­ten, um ihre Opfer hereinzule­gen, KI werde dabei ebenfalls an Gewicht gewinnen, ebenso kann er sich vorstellen, dass Qr-codes eine Rolle spielen könnten. „Es gibt viele potenziell­e Gefahrenqu­ellen.“

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FOTO: MTSTOCK STUDIO GETTY IMAGES Im Kreis Wesel wurde eine Frau beim Online-banking betrogen (Symbolbild).

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