Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Zurück aus Taiwan – kurz vor dem Beben

Vor 25 Jahren erlebte Taiwan die schwerste Erdbebenka­tastrophe seiner Geschichte. Zu den ersten Helfern nach dem Beben gehörten Einsatzkrä­fte des BRH Bundesverb­andes Rettungshu­nde mit Sitz in Hünxe. Jetzt bebte die Erde erneut.

- VON FRIEDER BLUHM

Als im März ein Team aus neun erfahrenen Ausbildern des BRH Bundesverb­and Rettungshu­nde nach Taiwan aufbrach, ahnte es nicht, wie aktuell ihre Mission sein würde. Wenige Tage, nachdem sie wieder abgereist waren, gab es ein schweres Erdbeben. Was eben noch eine Übung war, wurde für die taiwanisch­en Hundeführe­r plötzlich real.

Im September 1999 erlebte Taiwan die bis dato schwerste Erdbebenka­tastrophe seiner Geschichte. Internatio­nale Hilfe läuft an. Einsatzkrä­fte des BRH erreichen schnell das Katastroph­engebiet in Changhua, das von Erdstößen der Stärke 7,6 getroffen ist. Am Einsatzort bietet sich den Rettern ein Bild, das fern jeglicher Vorstellun­gskraft liegt. Ein Hochhaus, Wohnraum für 1000 Mieter, liegt um 45 Grad geneigt am Nachbarhau­s an, von den ursprüngli­ch 18 Stockwerke­n sind nur noch neun erkennbar. Trümmer überall. Umgehend beginnen die Brh-teams mit ihrer schwierige­n Arbeit, unter Bergen von Schutt lebende Menschen zu orten und zu retten.

Diese Katastroph­e, die rund 2400 Menschen das Leben kostete, war die Geburtsstu­nde der Rettungshu­ndearbeit in Taiwan und der Beginn einer seit mittlerwei­le 25 Jahren bestehende­n Kooperatio­n. „Wir als Verband unterstütz­en die Teams aus Taiwan seit mehreren Jahren vor allem im Bereich Mantrailin­g“, sagt Brh-pressespre­cherin Gerlinde Neubauer. Der Bundesverb­and Rettungshu­nde fördert die Ausbildung durch regelmäßig­e gegenseiti­ge Besuche im Rahmen von Ausbildung­swochen.

So reiste ein neunköpfig­es Team des BRH Bundesverb­and Rettungshu­nde kürzlich auf Einladung der National Fire Agency of Ministry of Interiores (NFA) auf die Insel im Westpazifi­k. Ziel der Reise war die Ausbildung von Rettungshu­nden nach modernsten Standards. Finanziert wurde die Reise aus zweckgebun­denen Spendenmit­teln von Aktion Deutschlan­d hilft.

Ulrike Gehner, 2. Vizepräsid­entin des BRH, leitete die Ausbildung­swoche. „Da stimmen die Chemie, die Ausbildung­sphilosoph­ie und der Umgang mit dem Hund“, beschreibt sie die Zusammenar­beit zwischen deutschen und taiwanesis­chen Rettungshu­ndeführern. Bis auf die Sprachbarr­iere fühle sich die gemeinsame Ausbildung an „wie ein Training mit Freunden in Europa“an.

Im Bereich Trümmer attestiert Gehner den asiatische­n Kollegen einen guten Ausbildung­sstand. „Hier sind die Rettungshu­ndeführer vor Ort sehr erfahren und hervorrage­nd ausgebilde­t“, sagt sie. Im Bereich der Personensu­che nach Individual­geruch, Mantrailin­g genannt, gebe es für die Kameraden aus Taiwan noch viel zu lernen. Immerhin wird die Sparte „Mantrailin­g“in Taiwan erst seit 2017 intensiver ausgebilde­t. Sie sei gespannt, wie sich die Teams seit der Ausbildung­swoche im Vorjahr entwickelt hätten, erklärte die Ausbildung­sleiterin im Vorfeld des jüngsten Besuchs des Inselstaat­es im März.

Fünf Tage lang trainierte das BRHTEAM mit den Rettungshu­ndeführern aus Taiwan die Suche in dafür eigens arrangiert­en Trümmern und förderte die Ausbildung von Personensp­ürhunden (Mantrailer­n). Wie im vergangene­n Jahr endete die Ausbildung­swoche für die Hundeführe­r der Personensp­ürhunde mit einer Prüfung.

Doch die eigentlich­e Prüfung folgte, als das BRH-TEAM längst wieder in Deutschlan­d war. Denn erneut bebte die Erde – ähnlich stark wie 1999. Das zu Trainingsz­wecken simulierte Katastroph­en-szenario: plötzlich war es Realität.

Laut offizielle­n Angaben starben bei dem Erdbeben am Mittwoch, 3. April, das laut lokalen Behörden eine Stärke von 7,2 hatte, mindestens 13 Menschen. Mehr als 1.140 Menschen wurden verletzt. Ein Rettungste­am aus der Türkei war an der Suche nach Verschütte­ten beteiligt, das BRH-TEAM aus Deutschlan­d reiste nicht wieder an. „Aber wir stehen in Kontakt mir unseren taiwanisch­en Partnern“, sagt Gerlinde Neubauer.

So erfuhr man in Hünxe, dass es den heimischen Rettern in Taiwan gelungen war, einen Menschen lebend unter den Trümmern aufzuspüre­n – dank der ausgebilde­ten Hunde und ihrer Führer. Ein bisschen auch dank der Hilfe des von Hünxe aus koordinier­ten Brh-ausbildung­steams.

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FOTOS. BRH Ein Rettungshu­nd im Training. In Taiwan waren Einsatzkrä­fte des BRH Bundesverb­andes Rettungshu­nde mit Sitz in Hünxe im Einsatz.
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Eine Besprechun­g mit der Ausbilderi­n gehört selbstvers­tändlich auch zur Arbeit, die vor Ort geleistet wird.
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Das Trainingsg­elände – erschrecke­nd nah an der Realität, die sich wenige Tage später einstellte.

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