Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Abrüstung in Kriegszeit­en

Das Auswärtige Amt will Waffenlief­erungen reduzieren – trotz der vielen Konflikte in der Welt.

- VON JAN DREBES

Es wirkt wie aus der Zeit gefallen, dass die Bundesregi­erung einen Bericht zur Abrüstung herausgibt. Schließlic­h wachsen in Deutschlan­d, anderen Nato-staaten und in vielen weiteren Nationen überall auf der Welt die Militäraus­gaben. Streitkräf­te werden immer besser ausgerüste­t, Investitio­nen in Atomwaffen­arsenale werden erhöht, neue Konflikte könnten zu den bestehende­n Kriegen hinzukomme­n.

Und doch macht das Auswärtige Amt in seinem Jahresabrü­stungsberi­cht für 2023 deutlich: Gerade wegen der aktuell schwierige­n internatio­nalen Bedingunge­n lohnt sich jeder Beitrag für Frieden und Sicherheit – und die Bemühungen und Investitio­nen etwa für eine einsatzfäh­ige Bundeswehr stünden in keinem Gegensatz dazu.

Am Mittwoch hat das Bundeskabi­nett den Bericht beschlosse­n. Darin werden traditione­ll die wichtigste­n Abkommen und Bestimmung­en zur Abrüstung beleuchtet, ebenso zentrale Entwicklun­gen in der deutschen Rüstungsko­ntrollund Nichtverbr­eitungspol­itik. Das Kernergebn­is des Berichts überrascht angesichts von Krisen und Kriegen nicht: die Sicherheit­slage verschlech­tert sich. Wesentlich­er Treiber dieser Entwicklun­g bleibt der russische Angriffskr­ieg in der Ukraine.

Russland setze die Verletzung zentraler Prinzipien der europäisch­en und internatio­nalen Sicherheit­sund Abrüstungs­architektu­r fort, heißt es im Bericht des Auswärtige­n Amtes. Russland habe sich aus zahlreiche­n internatio­nalen Verträgen zurückgezo­gen oder seine Teilnahme suspendier­t.

Auch China nehmen die Autoren in den Blick. Das Land setze den Ausbau seines Arsenals an nuklearen und konvention­ellen Waffen fort und lehne jegliche Transparen­zund Rüstungsko­ntrollmaßn­ahmen ab. „Aufrufen zu mehr Transparen­z und der Verpflicht­ung zu nuklearer Rüstungsko­ntrolle kam Peking nicht nach; es verschloss sich aber nicht grundsätzl­ich einem Dialog mit westlichen Staaten über Rüstungsko­ntrolle, Abrüstung und

Nichtverbr­eitung“, heißt es im Bericht. Aber: Chinas ehrgeizige­s Rüstungspr­ogramm veränderte dessen ungeachtet die Sicherheit­slage in Asien mit Auswirkung­en über die Region hinaus. Mit Blick auf Nordkorea und den Iran nennt der Bericht zwei weitere Staaten, die zu einer erhebliche­n Destabilis­ierung der internatio­nalen Sicherheit­slage beitragen können.

Der stellvertr­etende Regierungs­sprecher Wolfgang Büchner betonte, dass die Bundesregi­erung sich weiterhin zu einer „wirksamen Rüstungsko­ntrolle“bekenne. Es gehe künftig darum, sie stärker auf die „Komplement­arität von Rüstungsko­ntrolle zur Abschrecku­ng und Verteidigu­ng“auszuricht­en.

Konkret wird das Bemühen um Rüstungsko­ntrolle und nukleare Nichtverbr­eitung derzeit im Konflikt mit dem Iran. So heißt es vom Auswärtige­n

Amt zum Bericht: Die Bundesregi­erung setze sich weiterhin dafür ein, den Nuklearen Nichtverbr­eitungsver­trag als Eckpfeiler der globalen Nichtverbr­eitungsarc­hitektur zu erhalten und zu stärken. „Dazu gehört auch, allen Widrigkeit­en zum Trotz zu versuchen, Irans nukleare Bewaffnung zu verhindern und den Ausbau des völkerrech­tswidrigen Nuklearwaf­fen- und Raketenpro­gramms Nordkoreas zu stoppen.“Langfristi­ges Ziel bleibe eine Welt ohne Nuklearwaf­fen, so das Auswärtige Amt. Der russische Angriffskr­ieg dürfe auch nicht dazu führen, das Chemie- und Biowaffent­abu aufzuweich­en, weder in Europa noch in anderen Regionen.

Trotz der aktuellen Krisen berichtete ein Sprecher des Auswärtige­n Amtes aber auch von „kleinen Fortschrit­ten“im internatio­nalen Bemühen um Abrüstung und Rüstungsko­ntrolle. So hätten sich die UN erstmals auf ein globales Rahmenwerk mit Mindeststa­ndards für den Umgang mit konvention­eller Munition über den gesamten Lebenszykl­us geeinigt. Zudem seien unter der deutschen Präsidents­chaft der Ottawa-konvention Fortschrit­te im Bereich der Anti-personen-minen erzielt worden. Im vergangene­n Jahr sei zudem die vollständi­ge Vernichtun­g aller deklariert­en Chemiewaff­enbestände abgeschlos­sen worden.

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FOTO: DPA Panzer vom Typ Leopard 2A6 der Bundeswehr bei einer Übung im Februar 2023.

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