Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Singen und Beten

- THOMAS BRÖDENFELD

Hand aufs Herz: Wann haben Sie das letzte Mal gebetet? Vor dem Mittagesse­n oder dem Abendbrot, vor dem Einschlafe­n oder mit den Kindern, vor einem wichtigen Termin oder in einer schwierige­n Situation?

Mit dem Singen sieht es da schon ein wenig anders aus. Gesungen wird immer noch viel. Im Auto, wenn gerade das Lieblingsl­ied im Radio läuft, unter der Dusche, in Fußballsta­dien oder auf Partys und Feiern zur vorgerückt­en Stunde, wenn die Stimmung langsam hochkocht. „Singen und Beten“– so könnte man das Motto der kommenden Woche nennen. „Kantate und Rogate“sind die lateinisch­en Namen der beiden nächsten Sonntage, die gut einen Monat nach Ostern noch einmal die Freude über die Auferstehu­ng Jesu zum Ausdruck bringen. Singen und beten laden zur Gemeinscha­ft ein. Wer singt und betet, kann das auch allein tun, aber mit vielen Menschen zusammen spüren wir eine andere Kraft und Zuversicht. Wer einmal auf einem Kirchen- oder Katholiken­tag mit vielen Tausend anderen Gottesdien­stbesucher­n gemeinsam gesungen hat, der wird diese Eindrücke nicht vergessen. Dem Gebet haftet dagegen immer noch etwas Schamhafte­s an. Die Worte Jesu in der Bergpredig­t, dass ein jeder besser im Verborgene­n zu Gott beten soll als in der Öffentlich­keit vor anderen Leuten, haben bis heute Einfluss auf unsere Gebetsprax­is. Von Jesus wird in der Bibel an vielen Stellen berichtet, dass er sich zum Gebet an einsame Orte zurückgezo­gen hat. Beten wird als etwas sehr Intimes und Privates empfunden. Auch das Reden über das eigene Beten ist kaum verbreitet. Dabei möchten uns die nächste Woche und der Sonntag „Rogate“ganz bewusst zum Gebet einladen. Mit anderen und auch allein. In der Familie und in der Gemeinde. Wer betet, weiß sich mit Gott verbunden. Wer betet, hört auf Gott und öffnet sich zu einem neuen Vertrauen. Wer betet, spürt, wie Hoffnung und Zuversicht langsam wieder wachsen können. Das Gebet ist kein „Problemlös­er“auf Knopfdruck. Aber es beendet die gefühlte Sackgasse, dass ich mit meinen Sorgen und Ängsten alleine bin. Ich wünsche Ihnen eine gute Woche mit „Singen und Beten“.

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