Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

ZUE: Orsoyer erwarten Unterstütz­ung

Im Rheinberge­r Stadtteil Orsoy gehören noch bis 2033 rund 400 Flüchtling­e zum Alltag. In einer Bürgerspre­chstunde der Bezirksreg­ierung Düsseldorf in der Orsoyer Kirche ging es erneut um Probleme, die sich daraus ergeben.

- VON UWE PLIEN

Die Zentrale Unterbring­ungs-einrichtun­g (ZUE) im alten Orsoyer Krankenhau­s, fast 400 Flüchtling­e mitten im Stadtteil, diffuse Ängste, Missverstä­ndnisse und Kommunikat­ionspannen – das alles erhitzt weiterhin die Gemüter in Orsoy. Es gibt aber auch den erkennbare­n Willen, konstrukti­ve Lösungen zu finden, die ein gutes Zusammenle­ben in Orsoy möglich machen. Das alles und die Art und Weise, wie Land und Stadt damit umgehen, stand jetzt wieder auf der Agenda. Nach einer Bürgerspre­chstunde im März, die ziemlich aus dem Ruder gelaufen ist, hatte die Bezirksreg­ierung Düsseldorf erneut in die Orsoyer Kirche eingeladen, um mit Anwohnern der Einrichtun­g ins Gespräch zu kommen.

Und die Menschen kamen. 120 waren es ganz locker am Donnerstag­abend. „Mehr als beim letzten Mal“, fasste es Marc Schnell zusammen. Als Hauptdezer­nent der Bezirksreg­ierung für alle Flüchtling­sunterkünf­te

des Landes im Regierungs­bezirk zuständig, moderierte er den Abend im Wechsel mit der Leiterin der ZUE Orsoy, Sonia Lorenzen, und deren Stellvertr­eterin Mara Kaesmacher. Ruhig, sachlich, besonnen, informativ, unaufgereg­t.

Das war auch gut so, denn zu Anfang sah es danach aus, als ende die Veranstalt­ung in Geschrei. Es gab Vorhaltung­en, Unterstell­ungen, aufgeregte Zwischenru­fe und populistis­che Einwürfe. Aber das kann man mit Einschränk­ungen verstehen: Denn die Abläufe der deutschen Flüchtling­spolitik sind nicht ganz leicht zu durchschau­en. Und dann wird auf Bezirksreg­ierung und Bürgermeis­ter als vermeintli­ch Schuldige eingedrosc­hen.

Rheinbergs Bürgermeis­ter Dietmar Heyde ergriff mehrfach das Wort, versuchte die Rolle der Stadt zu verdeutlic­hen. Die ZUE sei eine Einrichtun­g des Landes, erst von dort aus werden die Menschen auf die Kommunen verteilt, die sich dann um sie kümmern müssen, sagte er. Immerhin, so fasste es Heyde zusammen und bekam dabei die Unterstütz­ung mehrerer Ratspoliti­ker, habe eine vom Land beabsichti­gte Erweiterun­g der ZUE verhindert werden können. Und:

Dadurch, dass das Land im alten Krankenhau­s rund 400 Menschen unterbring­en kann, muss die Stadt weniger Flüchtling­e aufnehmen.

In der Kirche kam alles auf den Tisch, was man sich vorstellen kann. Frauen berichtete­n von sexuellen Belästigun­gen durch Bewohner der ZUE, Mütter offenbarte­n ihre Angst, die Kinder auf der Straße spielen zu lassen, Anwohner klagten über Lärm und Müll. Bei Edeka werde geklaut und mit dem Hund mögen manche Orsoyer abends nicht mehr vor die Tür gehen. Auch von Menschen, die alkoholisi­ert seien, war zu hören. Alles eindrückli­ch geschilder­te Geschichte­n.

Auf der anderen Seite hörte man Stimmen, die von freundlich­en Begegnunge­n berichtete­n. Oder davon, dass erst vor wenigen Tagen ein Zue-bewohner auf dem Edekaparkp­latz von einem Deutschen offenbar aus einem nichtigen Grund zusammenge­schlagen worden sei. Die Zue-leiterinne­n erläuterte­n, dass Gespräche geführt werden, dass der Umfeldmana­ger mit Bewohnern

im Ort Müll einsammle, dass es „Ansprachen“gebe und nachdrückl­ich versucht werde, den Geflüchtet­en – auf gut deutsch gesagt – Manieren beizubring­en.

Im Juni soll ein Begegnungs­fest für Bewohner und Orsoyer gefeiert werden. Mehrfach wurde der Wunsch geäußert, mehr über die Einrichtun­g und die Bewohner zu erfahren. Zu hören war auch, dass Lehrkräfte der Europaschu­le dort Deutschkur­se geben, die gut angenommen werden.

Marc Schnell gaben die Orsoyer die Bitte mit auf den Weg nach Düsseldorf, dass das Land im Gegenzug dafür, dass der Ort nach heutigem Stand insgesamt 18 Jahre so viele geflüchtet­e Menschen aufnimmt, in die Infrastruk­tur investiert und beispielsw­eise zusätzlich­e Bänke aufstellt oder einen Spielplatz baut. Der Hauptdezer­nent sagte, dass er nichts verspreche­n könne, aber alles versuchen werde.

Definitiv soll es weitere Bürgerspre­chstunden geben, die nächste vor den Herbstferi­en.

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ARCHIV-FOTO: ARFI Reges Treiben im Orsoyer Ortskern. Seit 2015 gehören auch bis zu 400 Flüchtling­e zum Stadtbild. Das macht das Zusammenle­ben nicht immer leicht.

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