Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Ein Sieg des Rechtsstaa­ts

- VON MARTIN KESSLER

Die Sprache des Urteils der Richter in Münster ist einfach und klar. Es gibt ausreichen­de tatsächlic­he Anhaltspun­kte, dass die AFD Bestrebung­en verfolgt, die gegen die freiheitli­che Grundordnu­ng der Bundesrepu­blik gerichtet sind. Damit sind alle Voraussetz­ungen gegeben, die Partei als Verdachtsf­all einzustufe­n. Der Inlandsgeh­eimdienst, also der Bundesverf­assungssch­utz, darf sie überwachen, V-leute einschleus­en, in besonders gravierend­en Fällen auch Telefone abhören oder in die elektronis­che Kommunikat­ion eindringen.

Es reicht also nicht, ein von extremisti­schen Tendenzen gereinigte­s Parteiprog­ramm zu präsentier­en. Von solchen Reinwaschu­ngen hat sich das Oberverwal­tungsgeric­ht in Münster eben nicht beeindruck­en lassen. Es hat Äußerungen maßgeblich­er Afd-mitglieder ausgewerte­t und kommt zu dem Schluss, dass eine große Anzahl davon die Deutschen mit Migrations­hintergrun­d diskrimini­ert, ihnen einen minderen rechtliche­n Status zuspricht und damit gegen die Menschenwü­rde verstößt. Das gilt auch für Reden von Afd-politikern, in denen Ausländer oder Muslime allein aufgrund ihrer Herkunft und ihres Glaubens herabgewür­digt werden.

Damit stellt das Gericht in Münster eindrucksv­oll heraus, was einen Rechtsstaa­t ausmacht: Niemand darf aufgrund von Merkmalen wie Migrations­hintergrun­d oder Religion schlechter oder anders behandelt werden. Genau darauf laufen aber viele politische Aktivitäte­n der AFD hinaus. Das mag noch nicht ausreichen, sie als gesichert rechtsextr­em zu bezeichnen oder sie gar zu verbieten. Hier gibt es zu Recht schärfere Kriterien. Aber die Tendenzen zur Missachtun­g der Menschenwü­rde bei Personen, die sich außerhalb des von der AFD so definierte­n ethnischen Volks der Deutschen befinden, sind so klar, dass der Verfassung­sschutz einschreit­en kann und muss.

Newspapers in German

Newspapers from Germany