Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Eine neue Art, den Dom zu entdecken
So wird Geschichte lebendig: Ein Mediaguide nimmt Besucher jetzt mit auf einen Rundgang durch den Willibrordi-dom. Und das in drei Sprachen inklusive Kinder-version. Die internationale Ausrichtung kommt nicht von ungefähr.
Es war schon immer spannend, mit einem fachkundigen Führer bis in die hinterletzten Winkel des Weseler Willibrordi-doms vorzudringen. Auch wer dies mehrfach erleben durfte, hat immer wieder neue Dinge erfahren. Zur Geschichte, zur Baukunst und nicht zuletzt zur Technik. Denn Dombau endet nie. Das gilt für den Erhalt der „groten Kerk“und für den Anspruch, den mühsam nach der Zerstörung im Februar 1945 wiederaufgebauten steinernen Schatz mit modernen Mitteln erlebbar zu machen. Ein Meilenstein ist deshalb das, was die Verantwortlichen um Dieter Rudolph, Vorsitzender des Dombauvereins Wesel, jetzt präsentieren konnten: einen dreisprachigen Mediaguide, von dem es auch eine leicht verständliche Version für Kinder gibt.
Schon vor Jahren war damit begonnen worden, das Weseler Wahrzeichen für die Zukunft fitzumachen. Dazu gehörten umfangreiche Arbeiten zur denkmalgerechten Verlegung von neuen Strom-, aber auch Datenkabeln. Mit Letzteren wurde die Möglichkeit geschaffen, Besuchern kostenloses W-lan und einen Mediaguide anzubieten. Per Qr-code oder App sollte dann jeder Besucher auf eine Führung gehen können, ohne dass Ehrenamtler dafür nötig wären. Das ist nun geschafft. Der digitale Führer ist in Betrieb, kann sich wahrlich sehen und hören lassen.
Dieter Rudolph, Thomas Bergfeld und Heike Kemper vom Dombauverein stellten mit Dirk Unsenos (Firma Isis) sowie den Mediengestaltern Frank Dießenbacher und Justin Weller das Projekt und sein Ergebnis vor. Wer den Mediaguide auf sein Handy holt, der darf sich auf viele bislang unbekannte Ansichten freuen. Dafür sorgen unter anderem spektakuläre Kamerafahrten per Drohne innen und außen. Außerdem gibt es spannende Einblicke in Verstecktes. Etwa ins Innenleben der großen Orgel mit ihren Tausenden von Pfeifen. Mit dem leicht zu bedienenden Führer lassen sich Kapitel zur Baugeschichte, der Innen- und Außenarchitektur, zur Orgel, der Einrichtung, der Religionsgeschichte und einigen Menschen ansteuern, die mit dem Dom eng verbunden waren. Insgesamt gibt es acht Videos, von denen sieben in jeweils etwa drei Minuten den Betrachtern unterhaltsam das Wesentliche vermitteln. Allein die Historie des Baus kommt mit drei Minuten nicht aus, bleibt mit knapp acht Minuten aber immer noch gut verdaubar. Als Sprecher fungieren unterschiedliche Menschen. Der Sänger Joe Sander (Jochen Schulte)
von der Band Johnny Cash Experience ist ebenso dabei wie Heiko Suhr, der zuletzt im Stadtarchiv wirkte, oder Pfarrer Thomas Bergfeld. Letzterer bringt in der Kinderversion den Jüngsten zum Beispiel ganz anschaulich bei, wie hoch der Dom ist. Dazu lässt er einen Ballon mit daran befestigtem Meterband bis zur Decke hochsteigen und kann unten 23 Meter ablesen. Und natürlich erklärt er auch, weshalb der Dom heute eine (wenn nicht DIE) evangelische Kirche ist.
Der Mediaguide kommt in den Sprachen Deutsch, Englisch und Niederländisch daher. Die internationale Ausrichtung kommt nicht von ungefähr. Gäste aus Niederlanden haben sich seit jeher für den Willibrordi-dom interessiert, wurde der „Missionar der Friesen“doch Ende des 7. Jahrhunderts in Utrecht zum Bischof geweiht. Dass Englisch ebenfalls im Angebot ist, versteht sich spätestens dann, wenn man auf deutlich zunehmende Besucherzahlen durch die in Wesel anlegenden Kreuzfahrtschiffe blickt. Diese Touristen stammen vorwiegend aus engschlichspracheigen Ländern.
An einer Stelle, wo seit dem 8. Jahrhundert Kirchen stehen, ist deren schönste und größte Version nach gut zwölfhundert Jahren mit dem Mediaguide absolut auf der
Höhe der Zeit. Der Dombauverein stellt übrigens fest, dass in den letzten Jahren sonntags zwischen 14 und 16 Uhr mehr als 100 Besucher zu zählen sind. Da kommt das Instrument zur Selbsterkundung doch gerade recht. Für Justin Weller war dieses digitale Werkzeug übrigens Thema seiner Bachelor-arbeit an der FH Rhein-waal, an der Frank Dießenbacher Dozent für Medieninformatik ist.
Selbstverständlich kann man den Weseler Dom auch vom heimischen Sofa aus oder von sonst wo auf der Welt unter die Lupe nehmen. Und zwar unter mediaguide.dombauverein-wesel.de