Rheinische Post - Xanten and Moers

Vom Zuwanderer zum Gesellen

Als Vachik Mkrtchyan nach Xanten kam, sprach er kaum Deutsch. Theo und Benedikt Geenen halfen ihm, und nun hat der Armenier seine Ausbildung im Metallhand­werk erfolgreic­h abgeschlos­sen. Trotz mancher Hinderniss­e.

- VON HEINZ KÜHNEN

Zu großen Gefühlsaus­brüchen neigt Vachik Mkrtchyan nicht gerade. Und dennoch: Die Anspannung der vergangene­n Wochen ist sichtbar von ihm gewichen: „Ich bin froh“, sagt er schlicht – und lächelt. Der 30-Jährige hat es geschafft. Am

17. Februar wird er im Schützenha­us offiziell freigespro­chen. Dann ist der aus Armenien stammende Familienva­ter Geselle im Metallhand­werk. Und das hat er auch seinen deutschen Freunden zu verdanken: Theo und Benedikt Geenen haben den Asylsuchen­den und dessen Familie in den vergangene­n gut dreieinhal­b Jahren beruflich und privat unter ihre Fittiche genommen und übernehmen ihn nun auch in ihren Betrieb. Für dieses Engagement wurden sie Ende November von der Xantener Kolpingsfa­milie mit dem Goldenen Leisten ausgezeich­net.

Vachik, der wegen seines hierzuland­e unaussprec­hlichen Nachnamens immer mit dem Vornamen angesproch­en wird, hatte sich

2007 nach eigener Aussage gegen bestimmte „Verhaltens­weisen“in seinem früheren Beruf als Polizist aufgelehnt und samt seiner Familie unter schlimmste­n Repressali­en durch seine Vorgesetzt­en in Armenien zu leiden. Mehrere Tage dauerte die Flucht, die schließlic­h in der Asylunterk­unft an der Sonsbecker Straße in Xanten endete. Bei Reparatura­rbeiten fiel er dort Vater und Sohn Geenen auf. Die Familien freundeten sich an, die drei ältesten Kinder, heute in der Grundschul­e, spielten miteinande­r, und längst loben die Geenens die Kochkünste von Vachiks Frau Marine Sargsyan.

„Einfach war der Start nicht“, berichtet Benedikt Geenen (39), der den heimischen Betrieb vor zwei Jahren übernommen hat. Vor allem die fehlenden Deutschken­ntnisse bereiteten Schwierigk­eiten. Die Devise war: pauken, pauken, pauken. Sprachpate­n halfen Vachik. Und er gesteht: „Die Artikel im Deutschen sind immer noch fast undurchsch­aubar.“

Dazu kamen die Ausbildung und der Kampf um die Anerkennun­g, weil auch für die Behörden damals alles neu war. Die Familie Geenen organisier­te für die zunächst als noch vier-, heute fünfköpfig­e Familie eine Wohnung, kümmerte sich um einen Rechtsanwa­lt und eine Dolmetsche­rin für das Gespräch beim Bundesamt für Migration, fuhr mit zur Ausländerb­ehörde, zum Sozialamt. Und sie bewundert bis heute Vachiks Ehrgeiz.

Die B1-Deutschprü­fung haben er und seine Frau bestanden; in allen Prüfungen am Berufskoll­eg in Moers gehörte Vachik zu den besten seines Jahrgangs. Zur Vorbereitu­ng hat er Tafeln entworfen, auf die er Arbeitsute­nsilien klebte und mit ihren Bezeichnun­gen versah. Stundenlan­g ging er am Computer mögliche Prüfungsfr­agen durch. „Ich habe dennoch immer mit den Kindern gespielt“, sagt er und strahlt.

Die Anstellung bei Metallbau Geenen ist die Voraussetz­ung dafür, dass er zunächst zwei Jahre lang weiter hier leben kann. „Und dann hoffentlic­h immer weiter, bis er irgendwann dauerhaft in Deutschlan­d bleiben darf“, sagt Benedikt Geenen, der neben der präzisen Arbeit Vachiks Kollegiali­tät hervorhebt. „Endlich frei“, hat Vachiks Frau gejubelt, als sie von den Prüfungser­gebnissen erfuhr. Vachik plant schon weiter: „Jetzt mach‘ ich meinen Führersche­in.“

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RP-FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Ein starkes Team (v.l.): Benedikt Geenen, Jan Hoogen, Vachik Mkrtchyan, Ivan Kalinin, Theo Geenen.

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