Rheinische Post - Xanten and Moers

Lass es in die Tüte rieseln

Kathrin Hackenbruc­h hat ihren „Unverpackt“-Laden eröffnet. RP-Autor Peter Kummer ist mit Korb und Pfandgläse­rn einkaufen gegangen.

- VON PETER KUMMER

Kathrin Hackenbruc­h hat ihren „Unverpackt“-Laden eröffnet. RP-Autor Peter Kummer ist mit Korb und Pfandgläse­rn einkaufen gegangen.

Der Einkaufsze­ttel ist daheim schnell geschriebe­n. Schwierige­r wird es dann bei der Überlegung, was außer Korb und Alt-/ Pfandglas noch alles mitgenomme­n werden muss. Denn Einkaufen ist heute auch nicht mehr das, was es mal war. Spätestens seit die Müllvermei­dung in aller Munde ist und ganz aktuell die täglichen Nachrichte­n und Reportagen zum Beispiel über die Myriaden von Plastiktei­len im Meer berichten. Richtig so.

Wer seine Gefäße zu Hause vergessen hat, kann ein Glas mit

Schraub- oder Einmachver­schluss

kaufen

Unser Einkaufsve­rhalten muss sich weiter ändern. Warum also nicht, soweit möglich, auf Verpackung­en verzichten? „Unverpackt“findet immer mehr Anhänger. Also kommen jetzt auch eigene, wieder verwertbar­e Beutel ins Auto, dazu die Tupperware aus den hinteren Ecken des Küchenschr­anks und saubere Gläser mit Schraubver­schluss.

Mit einem Teil des Einkaufsze­ttels führt der Weg zu „Unverpackt“an der Viktorstra­ße. Kathrin Hackenbruc­h hat gerade das Lädchen gegenüber dem früheren Amtsgerich­t eröffnet. Hier gibt es vieles, was man so fürs tägliche Leben benötigt. Aber eben ohne Plastik, Folie und möglichst auch mit wenig Pappe drumherum.

Am Eingang steht eine kleine Waage mit einigen Zettelchen daneben und zwei Schreibern. Damit ich nicht später für meine mitgebrach­te Verpackung auch noch bezahlen muss, notiere ich das Tara, aus der Schulzeit bestens als Verpackung­sgewicht bekannt. Brutto minus Tara gleich Netto.

Der Blick im Nachbarrau­m wandert über rund 50 hohe Glasspende­r, gefüllt mit den unterschie­dlichsten Sorten an Reis, Nudeln, Körner und mehr. Darunter in kleineren Einmachglä­sern lagern schön anzusehen die Gewürze. „Kann ich meine Tüte nehmen oder benötige ich eine neue“, fragt die Dame neben mir. Natürlich kann sie ihre mitgebrach­te Papiertüte nehmen. Es geht ja schließlic­h um Müllvermei­dung. Sohn Leon öffnet den Schieber und lässt Haselnüsse in Milchschok­olade reinriesel­n. Gemüse, Obst, Milch, Wurst und Joghurt findet der Kunde bei „Unverpackt“nicht. Aber jede Menge Gewürze, Kräuter, Beilagen, Müsli, Süßkram. Für die Entnahme der Spaghetti liegen weiße Handschuhe bereit, für Gummibärch­en und Co. Greifzange­n. Aber auch Waschmitte­l, Seifen, Cremes und den Coffee-to-go – den natürlich nur im Glas- oder Baumbusbec­her oder im mitgebrach­ten Gefäß. Sogar Zahnpasta. Nicht die mit den roten und weißen Streifen, die als Strang aus der Plastik- oder Alutube fließt, sondern als Tablette. 100 Gramm zu 10,90 Euro. Etwa sieben bis acht Stück sind ein Gramm. 100 Gramm werden also eine ganze Weile reichen. Eine Tab zerkauen und dann mit der Zahnbürste die Zähne säubern.

Gerade kommt Frank Ofterdinge­r herein mit einigen Mehrwegglä­sern im Rucksack. „Heute Morgen war ich schon einmal hier, um mich zu orientiere­n“, sagt er. Jetzt am Nachmittag greift er zu Gummibärch­en, Schokolade und Bananenchi­ps, füllt seine Wunschmeng­e ab und gibt alles für die Berechnung an die Eigentümer­in. Wie gesagt: Brutto minus Tara gleich Netto. Es werde viel zu viel Müll produziert, meint er. „Darum habe ich die eigenen Gefäße mitgebrach­t.“

Am Eröffnungs­tag war es rappelvoll. Viele Freunde waren gekommen, aber, das freut Kathrin Hackenbruc­h auch, viele Fremde, die sich das neue Angebot mal anschauen wollten. Es wird wieder eng in dem kleinen Lädchen, es raschelt und rieselt ständig. „Finde ich gut“, sagt Sonja Steffans über die Gewürze in den Gläsern. Wie oft werfe sie nach einigen Jahre Gewürze weg, weil sie in den Dosen aus dem Supermarkt längst ihr Aroma verloren hätten. Hier hingegen kann sie nur so viel kaufen, wie sie in absehbarer Zeit benötigt. Eine Mindestabn­ahme gibt es nicht. „Ich finde das

gerade für Single-Haushalte praktisch.“Auch Spül- und Waschmitte­l werden selbst abgefüllt. Plastik ist zwar verpönt, für das Duschgel werde ich aber das nächste Mal lieber meinen alten Spender mitbringen. Denn wenn das Glas unter der Brause aus der Hand rutscht, ist die Emailledus­chtasse schnell kaputt.

Wer seine Gefäße zu Hause vergessen hat, kann bei Kathrin Hackenbruc­h ein Glas mit Schraubode­r Einmachver­schluss kaufen. Kann ich für meine Einkäufe bitte eine Plastiktüt­e haben? Natürlich nicht. Man ist ja schließlic­h im „Unverpackt“.

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 ?? RP-FOTOS: OLAF OSTERMANN ?? Kathrin Hackenbruc­h hat gerade ihren „Unverpackt“-Laden eröffnet. RP-Autor Peter Kummer (r.) füllt Lavendel-Waschmitte­l ab. Leon greift zu den Bio-Haselnüsse­n im Vollmilchs­chokoladen­mantel.
RP-FOTOS: OLAF OSTERMANN Kathrin Hackenbruc­h hat gerade ihren „Unverpackt“-Laden eröffnet. RP-Autor Peter Kummer (r.) füllt Lavendel-Waschmitte­l ab. Leon greift zu den Bio-Haselnüsse­n im Vollmilchs­chokoladen­mantel.

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