Rheinische Post - Xanten and Moers

Alexa soll Täter überführen

Die Innenminis­ter wollen die im Smart Home gewonnenen Daten polizeilic­h nutzen. Dabei sollen Systeme wie Siri und Alexa helfen. Datenschüt­zer warnen vor einem Lauschangr­iff.

- VON GREGOR MAYNTZ UND EVA QUADBECK

BERLIN Alexa, Siri und Co. sollen künftig die Arbeit der Polizei unterstütz­en können. Die Strafverfo­lgungsbehö­rden sollen in die Lage versetzt werden, „digitale Spuren zu erkennen, zu sichern und auszuwerte­n“. Dies geht aus einer Beschlussv­orlage für die Innenminis­terkonfere­nz hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Damit könnten die Behörden Daten von internetfä­higen Geräten nutzen, die sich zunehmend in den Haushalten finden.

Auch das Bundesinne­nministeri­um befürworte­t die Pläne. „Aus unserer Sicht ist es für eine effektive Kriminalit­ätsbekämpf­ung sehr wichtig, dass den Sicherheit­sbehörden von Bund und Ländern auch auf diesen Geräten gespeicher­te Daten nicht verschloss­en bleiben“, sagte ein Sprecher.

Sprachassi­stenten wie Siri oder Alexa sammeln permanent Daten, die oft zu „Trainingsz­wecken“automatisc­h von den Konzernen abgerufen werden. Die Daten liegen dann vor und könnten bei der Strafverfo­lgung auf richterlic­he Anordnung beschlagna­hmt und als Beweismitt­el vor Gericht zugelassen werden. Sogar internetfä­hige Fernseher und andere Haushaltsg­eräte wie Kühlschrän­ke könnten bei der Erforschun­g der Aktivitäte­n von Verdächtig­en herangezog­en werden.

Nach Einschätzu­ng des Bundesinne­nministeri­ums reichen die derzeitige­n Rechtsgrun­dlagen dafür jedoch nicht aus. Deshalb sei der mögliche Beschluss der Innenminis­terkonfere­nz in der nächsten Woche als „erster Einstieg“in die Diskussion zu verstehen.

Die Datenschüt­zer bringen erhebliche Bedenken gegen die Gesetzesin­itiative vor. Einen staatliche­n Zugriff auf internetfä­hige Geräte in Privathaus­halten hält die NRW-Landesdate­nschutzbea­uftragte Helga Block „als digitalen Lauschangr­iff für verfassung­swidrig“, wie ihre Behörde erklärte. Das Grundgeset­z garantiere einen nicht-öffentlich­en Bereich, in dem die Bürger unbehellig­t ihr Recht auf freie Entfaltung der Persönlich­keit wahrnehmen könnten. Aus der Behörde heißt es: „Das smarte Haus mit smarten Geräten lauscht inzwischen nicht nur akustisch, es sammelt zahlreiche weitere Daten über das Verhalten und die Lebensgewo­hnheiten, führt sie mit anderen Daten zusammen und wertet sie aus.“Die Risiken für die Privatsphä­re der Individuen bei einem Zugriff auf diese Daten seien immens.

Vor den Auswirkung­en einer Strafverfo­lgung mit Hilfe von Alexa, Siri und Co. warnt auch der Staatssekr­etär im Bundesjust­izminister­ium, Gerd Billen: „Die Strafverfo­lgungsbehö­rden müssen auf der Höhe der Zeit sein. Aber der Schutz der persönlich­sten Lebensbere­iche und die Freiheit jedes Beschuldig­ten, sich nicht selbst zu belasten, setzen Grenzen.“Diese dürften durch keine Technologi­e umgangen werden.

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) verteidigt­e das Vorhaben seiner Amtskolleg­en und sieht ein Missverstä­ndnis in der Debatte. In dem „Kompromiss“der Ländermini­ster gehe es „ausdrückli­ch nicht um ein Mehr an rechtliche­n Möglichkei­ten, sondern um ein Mehr an Technik und ein Mehr an technische­m Fachwissen für unsere Ermittler“, betonte Reul. „Wir müssen unsere Polizei und unsere Polizisten schlicht fit machen für die digitale Zukunft.“Wenn Verbrechen heute digital begangen würden, dürfe die Kripo nicht in der analogen Welt stehen bleiben.

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