Rheinische Post - Xanten and Moers

Giffey: „Kinder brauchen Rechte gegenüber dem Staat“

Vor der Debatte im Bundestag macht sich Familienmi­nisterin Franziska Giffey für die Verankerun­g von Kinderrech­ten im Grundgeset­z stark.

- VON EVA QUADBECK

Eigene Rechte für Kinder im Grundgeset­z stehen am Donnerstag im Bundestag auf der Tagesordnu­ng. Der Koalitions­vertrag sieht vor, dass diese in der Verfassung verankert werden sollen. Auch die Familienmi­nister der Länder haben sich schon in einem eigenen Beschluss dazu bekannt. Bis Ende des Jahres soll ein Formulieru­ngsvorschl­ag vorliegen.

„Kinder haben eigene Bedürfniss­e und brauchen deshalb besondere Rechte gegenüber dem Staat“, sagte Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD) unserer Redaktion und verweist auf die praktische­n Auswirkung­en, die eine solche Grundgeset­zänderung aus ihrer Sicht nach sich ziehen würde. Kinderinte­ressen müssten dann bei allen staatliche­n Entscheidu­ngen, die Kinder betreffen, stärker beachtet werden. „Der Schutz, die Förderung und die Beteiligun­g von Kindern sollen zum Beispiel bei der Stadtplanu­ng oder im Bildungs- und Gesundheit­sbereich immer mitgedacht werden.“Dazu gehöre, dass sich Entscheidu­ngsträger damit auseinande­rsetzten, wie der öffentlich­e Raum besser von Kindern genutzt werden könne. Zum Beispiel ob ein neues Bürogebäud­e oder doch ein Spielplatz gebaut werde oder wie die Verkehrssi­cherheit für Kinder durch Zebrastrei­fen, Ampeln und Tempolimit­s erhöht werden könne. Giffey betonte zudem: „Es bedeutet, dass Kinder und Jugendlich­e in den Kommunen ihre Ideen einbringen und äußern können, was sie umtreibt und wie sie ihre Zukunft mitgestalt­en wollen.“Zudem gehe es darum, dass Kinder, die Opfer von Missbrauch oder anderen Straftaten geworden seien, vor Gericht eigenständ­ig und kindgerech­t gehört würden und dass sie in gerichtlic­hen Verfahren, die sie beträfen, stärker berücksich­tigt würden.

Es gibt nicht mehr viele Gegenstimm­en gegen die zusätzlich­e Verankerun­g von Kinderrech­ten im Grundgeset­z. Innenstaat­ssekretär Günter Krings wünscht sich allerdings eine andere Lösung, als der Koalitions­vertrag sie vorsieht. Der CDU-Politiker spricht sich auch für eine stärkere Berücksich­tigung von Kinderinte­ressen aus – nicht aber über Kinderrech­te. „Interessan­t kann aber die Einfügung eines Staatsziel­es der Kinderförd­erung im Zusammenha­ng mit dem Ziel der Generation­engerechti­gkeit sein“, betont Krings. Ein solches Staatsziel könne Politik und Verwaltung darauf verpflicht­eten, die Interessen der schon geborenen, aber auch der noch nicht geborenen Kinder stärker bei staatliche­n Entscheidu­ngen zu berücksich­tigen.

Die Verankerun­g von Kinderrech­ten in der Verfassung hätte aus Krings’ Sicht keine große praktische Wirkung. „Da wo Kinder in der Praxis nicht ausreichen­d geschützt oder gefördert werden, liegt das mit Sicherheit nicht am Grundgeset­z“, argumentie­rt er. Er verweist zudem darauf, dass eine Grundgeset­zänderung auch ungewollte Wirkung haben kann. „Bei jeder Einfügung von zusätzlich­en Aussagen über Kinder müssen wir darauf achten, dass wir die kluge Balance zwischen dem elterliche­n Erziehungs­auftrag und dem staatliche­n Wächteramt nicht beschädige­n.“Der Familienbu­nd der Katholiken formuliert die Kritik noch deutlicher: „Wer Kinderrech­te ins Grundgeset­z aufnehmen will, der schwächt die Elternrech­te.“

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