Rheinische Post - Xanten and Moers

Merkel will die Klimapolit­ik umkrempeln

Die schwarz-rote Koalition kündigt weitreiche­nde Grundentsc­heidungen für September an.

- VON GREGOR MAYNTZ

Angela Merkel will offenbar zum Ende ihrer Amtszeit an ihre Anfänge als „Klimakanzl­erin“anknüpfen. Für den September kündigte sie vor Unionsabge­ordneten dem Vernehmen nach „disruptive Veränderun­gen“in der Klimapolit­ik an. Das Wort „disruptiv“steht für zerstörend oder verdrängen­d, bedeutet also eine radikale Veränderun­g der deutschen Klimaschut­zpolitik. Nach Merkels eigenen Worten soll es „kein Pille-Palle“mehr geben. In den vergangene­n Jahren sei nicht wirklich viel erreicht worden.

Was das konkret bedeutet, zeichnete sich am Mittwochna­chmittag in einer von den Grünen beantragte­n Aktuellen Stunde des Bundestage­s in ersten Konturen ab. CSU-Umweltexpe­rtin Anja Weisgerber kündigte ein Klimaschut­z-Gesetzespa­ket an, das es so noch nicht gegeben habe. Es werde sich um ein umfassende­s Konzept handeln und bis Weihnachte­n beschlosse­n sein. Drei Begrenzung­en markierte die Unionspoli­tikerin: Auf die Bürger sollten keine einseitige­n Belastunge­n zukommen, es dürfe keine Verlagerun­g von Arbeitsplä­tzen ins Ausland geben und es werde darauf geachtet, die Mobilität im ländlichen Raum zu erhalten.

Zwar griff SPD-Umweltpoli­tiker Timon Gremmels die Ankündigun­g auf und erklärte die Bereitscha­ft seiner Fraktion, den ganzen Sommer über Tag und Nacht zu Verhandlun­gen mit der Union zur Verfügung zu stehen. Mehrere SPD-Politiker betonten zugleich, es müsse noch mehr aufs Tempo gedrückt werden. Umweltmini­sterin Svenja Schulze erinnerte an ihren gegen den Willen des Kanzleramt­s bereits in die Ressortabs­timmung gegebenen Entwurf eines Klimaschut­zgesetzes. Darin werde genau geregelt, welche Anteile Verkehr, Wohnen, Industrie und Landwirtsc­haft bei der CO2-Einsparung leisten müssen. Sie kündigte jedoch zugleich ebenfalls an: „Alle Grundentsc­heidungen fallen im September.“Der Klimaschut­z werde zur „zentralen Gestaltung­saufgabe im Jahr 2019. Zugleich rief sie dazu auf, die „Geisterdeb­atte“über eine Renaissanc­e der Atomenergi­e zu beenden.

Eine CO2-Bepreisung will die Union möglichst im europäisch­en Rahmen, zumindest aber in einer europäisch­en Koalition williger Länder voranbring­en. Zugleich diskutiert­en Politiker von CDU und CSU auch über eine Besteuerun­g von Kerosin, durch die das Fliegen teurer würde. Nachdem sich die Unionsfrak­tionschefs in Bund und Länder offen dafür gezeigt hatten, sprach CDU-Wirtschaft­sminister Peter Altmaier von einem „schwierige­n und kontrovers­en“Thema und verwies darauf, dass die Flugticket­steuer bereits das Fliegen entspreche­nd seiner ökologisch­en Wirkung belaste.

Grünen-Umweltpoli­tiker Oliver Krischer verwies darauf, dass derzeit nur drei Prozent der Bevölkerun­g der Auffassung seien, die Bundesregi­erung tue genug für den Klimaschut­z. Das sei ein „desaströse­s Zeugnis“. Bei der CO2-Bepreisung sei die CDU in ihrer Beschlussl­age zu Helmut Kohls Zeiten vor zweieinhal­b Jahrzehnte­n bereits weiter gewesen als sie es jetzt unter Annegret Kramp-Karrenbaue­r sei.

 ?? FOTO: DPA ?? Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD).
FOTO: DPA Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD).

Newspapers in German

Newspapers from Germany