Rheinische Post - Xanten and Moers

Ford-Chef missfällt Planwirtsc­haft bei E-Autos

Gunnar Herrmann warnt vor einem Aussterben bezahlbare­r Fahrzeuge – und den Folgen für Beschäftig­te.

- VON FLORIAN RINKE

Wer vor zehn Jahren einen erschwingl­ichen Kleinwagen aus deutscher Fertigung haben wollte, der kaufte einen Opel Corsa, einen VW Polo oder einen Ford Fiesta.

Wer in zehn Jahren einen erschwingl­ichen Kleinwagen haben will, der kauft – ja was eigentlich?

Zuletzt hat Opel die elektrifiz­ierte Variante seines Corsa vorgestell­t. „Wir haben ein Volkselekt­roauto versproche­n“, jubelte OpelChef Michael Lohschelle­r: „Hier ist es!“Mit einem Einstiegsp­reis von

29.900 Euro ist dieses E-Auto allerdings mehr als doppelt so teuer wie der günstigste Benziner der Baureihe. Für unter 15.000 Euro gibt es momentan nur das E-Auto Renault Twizzy, einen Einsitzer mit knapp

70 Kilometern Reichweite.

Entspreche­nd groß sind die Sorgen bei Managern, deren Marken bislang den Großteil ihres Geschäfts im niedrigen bis mittleren Preissegme­nt machen. So wie Ford. „Wir verkaufen einen Großteil unserer Fahrzeuge im Preissegme­nt bis 30.000 Euro“, sagt Gunnar Herrmann, Deutschlan­d-Chef von Ford: „Dieses Preissegme­nt wird bei 100 Prozent Elektrifiz­ierung fast komplett verschwind­en.“

Bei der Elektromob­ilität gehe Deutschlan­d momentan in eine Planwirtsc­haft über – mit aus seiner Sicht gravierend­en Folgen. In Zukunft würden viele Hersteller deutlich weniger Modellvari­anten anbieten, allein schon, um die Kosten unter Kontrolle zu halten. Herrmann macht das an einem Beispiel deutlich: Ein Werk produziere in der Regel 300.000 bis 400.000 Fahrzeuge pro Jahr. „Ein Elektroaut­o-Werk produziert in der Anlaufphas­e nur 50.000 bis 100.000 Fahrzeuge.“

Nicht nur Herrmann, auch andere Manager wie VW-Chef Herbert Diess hatten zuletzt vor den Folgen eines zu rasanten Wandels gewarnt. Ein Teil der Jobs dürfte verschwind­en, indem freiwerden­de Stellen einfach nicht nachbesetz­t werden.

Bei Ford reicht diese Möglichkei­t jedoch nicht aus. Das Geschäft in Europa steckt in der Krise. Das Management hatte daher zuletzt ein hartes Sparprogra­mm beschlosse­n, bei dem allein in Deutschlan­d knapp 5400 der insgesamt 24.000 Arbeitsplä­tze wegfallen sollen.

Für Mitarbeite­r gibt es dazu etwa Vorruhesta­ndsregelun­gen oder Abfindunge­n, betriebsbe­dingte Kündigunge­n sind bis 2022 ausgeschlo­ssen. Bei der Umsetzung kommt man nach Angaben von Herrmann gut voran, konkrete Zahlen will der Ford-Chef erst zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgeb­en. Ab 2020 könnten darüber hinaus über die natürliche Fluktuatio­n jährlich weitere 1000 Stellen abgebaut werden. „Wenn man das fortschrei­bt über fünf Jahre, dann ist das eine Größenordn­ung, über die wir nachdenken.“

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FOTO: ENDERMANN Gunnar Herrmann leitet seit 2017 die deutsche Ford-Tochter.

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