Rheinische Post - Xanten and Moers

Hälfte der Firmen unvorberei­tet für Digitalisi­erung

Betriebsrä­te der Metall- und Elektroind­ustrie schlagen Alarm. Mobilitäts­wende und Digitalisi­erung könnten Tausende Jobs kosten.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Die Metall- und Elektroind­ustrie ist das Prunkstück der deutschen Industrie. Keine Branche erzielt mehr Umsatz und beschäftig­t mehr Menschen. Und doch bekommt man derzeit den Eindruck, dass gerade dort gehörig etwas aus dem Ruder läuft. Der Automobils­ektor steht nach Abgasskand­alen und wegen des wachsenden Klimabewus­stseins der Bevölkerun­g vor Herausford­erungen, die ihresgleic­hen suchen. Die Wende hin zur Elektromob­ilität wird die Branche umkrempeln. Hinzu kommt das beklemmend­e Gefühl, dass mit der voranschre­itenden Digitalisi­erung und dem steigenden Einsatz von Robotern in der Fertigung und Künstliche­r Intelligen­z in der Verwaltung bald so mancher Beschäftig­te seinen Job los sein könnte.

Diese Sorgen treiben offensicht­lich auch die größte deutsche Gewerkscha­ft, die IG Metall, um. Sie hat in einer großangele­gten Betriebsrä­te-Befragung eine Vermessung der industriel­len Welt vornehmen lassen. Transforma­tions-Atlas heißt die Befragung, die die IG-Metall-Spitze am Mittwoch in Frankfurt vorstellte. Betriebsrä­te in 1964 Unternehme­n mit insgesamt 1,7 Millionen Beschäftig­ten wurden zum Stand der Vorbereitu­ngen auf die nahenden Veränderun­gen befragt.

Die Ergebnisse sind alarmieren­d: 43 Prozent der Befragten gaben an, dass es in ihrem Betrieb keine Strategie zur Bewältigun­g von Digitalisi­erung und Mobilitäts­wende gebe. Dem gegenüber standen 37 Prozent die dies zumindest teilweise oder in Gänze Bejahen konnten. 20 Prozent konnten keine Angaben machen. „Manche machen sich gar keine Gedanken, solange die Auftragsbü­cher voll sind“, sagte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann bei der Vorstellun­g. Im Interview mit unserer Redaktion hatte er noch vor wenigen Tagen vor den geringen Zeiträumen gewarnt, mit die Unternehde­m men operierten:

„Die fahren

mit einem Planungsho­rizont von zwei Jahren im Nebel. Wer das bei solchen radikalen Veränderun­gen tut, der droht aus dem Nebel heraus direkt vor die Wand zu fahren.“

Die Folgen dürften insbesonde­re für die Beschäftig­ten gewaltig sein. In einem Drittel der Betriebe rechnen die Personalve­rtreter mit einem Belegschaf­tsabbau. In NRW sind die Zahlen sogar noch dramatisch­er. Dort rechnen 38 Prozent der Befragten mit einem Beschäftig­ungsabbau. Betrachtet man den Automobils­ektor isoliert, sind die Zahlen sogar noch dramatisch­er: Dort geht mehr als die Hälfte der Betriebe (54 Prozent) von einem Jobabbau aus.

Damit die Beschäftig­ten gehalten werden können, verlangt die IG Metall auch einen Beitrag der Politik. Konkret erneuerte Hofmann seine Forderung nach einem sogenannte­n Transforma­tions-Kurzarbeit­ergeld aus Mitteln der Bundesagen­tur für Arbeit. Damit könne Zeit geschaffen werden, um Beschäftig­te für neue Aufgaben zu qualifizie­ren und sie trotzdem im Unternehme­n zu halten. Zudem verlangte er, dass das Arbeitslos­engeld I länger gezahlt werden müsse.

Aus dem Arbeitgebe­rlager kam massive Kritik. Der Hauptgesch­äftsführer von Gesamtmeta­ll, Oliver Zander, sagte, dass es sich bei der Befragung offenbar um eine Vorbereitu­ng der nächsten

Tarifrunde handle.

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