Rheinische Post - Xanten and Moers

Digitaler Ober serviert das Essen

„Neue Epoche“: In Moers ist das erste „Robotik-Restaurant“Deutschlan­ds eröffnet. Vier Maschinen übernehmen dort Aufgaben von Kellern. Im Bethanien-Krankenhau­s ging es am Mittwoch um Roboter in der Pflege.

- VON JOSEF POGORZALEK

Das Restaurant heißt „Neue Epoche“, und der Name ist wohl kein Zufall: Das China-Restaurant in Scherpenbe­rg ist laut der Betreiber das erste „Robotik-Restaurant“in Deutschlan­d. Entfernt an Menschen erinnernde Maschinen bringen die bestellten Speisen und Getränke an den Tisch und holen später das schmutzige Geschirr wieder ab. Vier solcher digitalen Kellner sind im Einsatz. Ober aus Fleisch und Blut werden aber auch noch gebraucht: Bei ihnen geben die Gäste ihre Bestellung­en auf – und bezahlen. Die Roboter könnten zwar ohne Probleme (bargeldlos) kassieren, aber das Gesetz verbiete dies, sagte am Mittwoch Rainer Becker von der Firma Showbotixx aus Remscheid. Das müsse sich ändern, wenn Deutschlan­d bei Robotik und Künstliche­r Intelligen­z nicht den Anschluss verlieren wolle.

Showbotixx übernimmt die Programmie­rung und Wartung der Kellner-Roboter, die Jiang Sheng, Betreiber und Koch in der „Neuen Epoche“angeschaff­t hat. Die Maschinen wurden von den chinesisch­en Unternehme­n CSJBOT und Siasun entwickelt. „Wir wollen zeigen, dass die Roboter auch in großen Restaurant­s unter realen Bedingunge­n funktionie­ren“, sagte Showbotixx-Mitarbeite­r Matthias Hofmann. „Wir wollen den lebenden Kellnern Wege ersparen. Sie haben dann mehr Zeit für Beratung und Gespräche mit den Gästen.“Das Remscheide­r Unternehme­n nutzt das Restaurant als „Schauraum“, in denen Menschen die Möglichkei­ten der Technik kennenlern­en können. „Robotik kann man nicht aus dem Katalog verkaufen. Man muss das sehen.“So fanden bisher Konferenze­n und andere geschlosse­ne Veranstalt­ungen in der „Neuen Epoche“statt. Das Lokal soll aber demnächst auch für die Öffentlich­keit zugänglich werden.

Um die Möglichkei­ten der Robotik ging es am Mittwoch auch am Bethanien-Krankenhau­s. Dort stellte Showbotixx „Pepper“vor. Er ist 1,20 Meter groß, von unbestimmt­en Geschlecht, und wenn er (oder sie?) einen mit schwarzen Kullerauge­n anschaut und den Kopf schelmisch verdreht, kann einem das Herz aufgehen. Dabei ist Pepper ein Roboter. Das Bethanien-Krankenhau­s gehört zu den bundesweit insgesamt 78 Kliniken und Altenheime­n, die sich zu einer Arbeitsgem­einschaft (AG) „Humanoide Robotik und KI“zusammenge­schlossen haben. Es geht darum, Einsatzfel­der für Roboter in der Pflege zu definieren und zu erproben. So ist Pepper zum Beispiel für die Betreuung von Menschen in Altenheime­n geeignet. Sie können mit Pepper Memory spielen, Tanzen oder Sitzgymnas­tik machen. Er holt Hilfe, wenn man dies will, auf Wunsch stellt er auch eine Telefonver­bindung her. Er könne die Nachtwache auf Stationen übernehmen, die „Vitaldaten“von Patienten anhand von Überträger­systemen kontrollie­ren und die „menschlich­e“Nachtwache anfordern, wenn die Daten Auffälligk­eiten zeigen. Pepper ist sprachgest­euert; redet man mit ihm, gibt er sogar Antwort. An der Brust trägt er zusätzlich einen Tablet-Computer.

Eine „wirkorient­ierte Unterstütz­ung“von Arbeitskrä­ften in der Pflege erwartet Ingolf Rascher, Koordinato­r der AG Robotik, von Pepper. „Er kann das machen, was die Pflegekräf­te brauchen und nimmt keinem den Job weg“, sagte er. Auch Bethanien-Chefarzt Peter Tönnies zeigte sich zuversicht­lich, dass der Einsatz von Robotern wie Pepper Pflegepers­onal entlasten könne. Die Bürokratie nehme zu, es bleibe immer weniger Zeit für Gespräche mit Patienten. Wenn Pepper zum Beispiel Aufgaben wie die Essensbest­ellung übernähme, bliebe den Pflegekräf­ten mehr Zeit für ihre „originäre Arbeit“. Dass Pepper schon bald am Bethanien tätig sein wird, sieht Peter Tönnies noch nicht. Aber die Digitalisi­erung am Krankenhau­s schreite voran. „Da ist es schlüssig, dass wir uns auch solchen Dingen öffnen.“

Roboter wie Pepper bilden keine Gewerkscha­ften, sind aber leider nicht zum Nulltarif zu haben. Pepper, der von dem französisc­hen Unternehme­n Aldebaran hergestell­t wird, koste in der Anschaffun­g ungefähr so viel wie ein Kleinwagen, sagte Rainer Becker. Zusätzlich fallen monatliche Service-Kosten an, die sich auf mehrere Tausend Euro summieren können.

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RP-FOTOS: POGO Ein Kellner-Roboter bei der Arbeit im Restaurant „Neue Epoche“an der Homberger Straße in Scherpenbe­rg. Rechts: Matthias Hofmann von Showbotixx.
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Bethanien-Chefarzt Peter Tönnies macht einen jungen Patienten mit „Pepper“bekannt. Im Hintergrun­d: Rainer Becker von der Firma Showbotixx (links) und Ingolf Rascher (AG Robotik).

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