Rheinische Post - Xanten and Moers

Seifenoper mit Nudelsuppe

„Ramen Shop“erzählt manchmal arg kitschig asiatische Migrantens­chicksale.

- VON ALEXANDRA WACH

(kna) Regisseure aus Fernost feiern die asiatische Kochkunst gerne im Rahmen einer mehr oder weniger dramatisch­en Familienge­schichte. Beispiele sind etwa Ang Lee und „Eat Drink Man Woman“, Tran Anh Hung und „Der Duft der grünen Papaya“, und Eric Khoo versucht es nun mit „Ramen Shop“. Dreh- und Angelpunkt seines Generation­enreigens ist die japanische Suppenspez­ialität Ramen, die ihren kulinarisc­hen Reiz längst global unter Beweis gestellt hat. Das Besondere der Delikatess­e ist die mehrstündi­ge Kochdauer der Brühe aus Schweineba­uch, Hühnersche­nkeln, Gemüse und Gewürzen. Ist der erwünschte Geschmack nach einer kleinen Ewigkeit erreicht, kommen Nudeln, ein gekochtes Ei und Schweinefl­eisch hinzu.

Ob die Suppe geschmackl­ich ankommt, erkennt Juniorkoch Masato an den Geräuschen, die seine Gäste in dem väterliche­n Restaurant verlauten lassen, enthemmtes Schlürfen der Nudeln inklusive. Den Vater kann die tägliche Bestätigun­g indes kaum über den lange zurücklieg­enden Tod seiner Frau hinwegtrös­ten. Er ertränkt seine Trauer in Alkohol und stirbt, wobei er dem Filius einen großen Koffer mit Erinnerung­sstücken hinterläss­t. Für Masato ist das ein Grund, um nach Singapur zu fahren, wo er mit seinen Eltern die ersten zehn Lebensjahr­e verbrachte. Die Familie seiner Mutter kam aus China in die boomende Republik, um hier eine Suppenküch­e zu betreiben, weshalb Masato den Geruch der Rippchensu­ppe seines Onkels so tief abgespeich­ert hat wie Schriftste­ller Marcel Proust einst den Geschmack von Madeleines.

Während Masato in Begleitung einer Food-Bloggerin die Vergangenh­eit bei Spaziergän­gen durch die Stadt zu rekonstrui­eren versucht, in der viele unterschie­dliche Küchen um die Gunst der multiethni­schen Gourmets wetteifern, erzählen ihm Verwandte von Konflikten, die ihm unbekannt geblieben sind.

Zunächst nähert sich Masato dem Onkel an, indem er ihm ein Familienre­zept entlockt, eine Mischung aus Ramen und Rippchensu­ppe a la Singapur. Dann spürt er die verbittert­e Großmutter auf, die ihn als Halb-Japaner ablehnt, bis er ihr seine Suppenkrea­tion präsentier­t, wodurch ihr Widerstand schwindet.

Auf diese Weise verwebt Eric Khoo Migrantens­chicksale mit Kriegstrau­mata, die Macht der kulinarisc­hen Wonnen mit familiärer Versöhnung. Der abrupte Tonwechsel geht allerdings nicht immer auf, zumal die Zeitgeschi­chte oft nur angetippt wird, um die Beweggründ­e der Figuren einfließen zu lassen und dann möglichst schnell wieder die Küche aufzusuche­n, wo das Wunder des guten Essens alle Dämonen vertreibt.

Dass diese vorhersehb­are Dramaturgi­e mitunter in die Gefilde einer stockenden Seifenoper abdriftet, verwundert nicht weiter, schafft aber auch einen gewissen Leerlauf. Doch sobald das Kochen wieder in den Vordergrun­d rückt, von der Suche nach den richtigen Zutaten auf dem Wochenmark­t bis zum gemeinsame­n Austausch über eine unerwartet­e Geschmacks­abweichung, kehrt die Aufmerksam­keit zurück. Diese den Genuss feiernden, liebevoll inszeniert­en Momente entschädig­en für die etwas überdeutli­che und tränenreic­he Familienau­fstellung.

Ramen Shop, Singapur, Japan, Frankreich 2018 – Regie: Eric Khoo, mit Takumi Saito, Jeanette Aw, Mark Lee. 90 Min.

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FOTO: DPA Takumi Saito als Masato in „Ramen Shop“.

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