Rheinische Post - Xanten and Moers

Lehrstunde für Tom Schwarz – der Deutsche wurde von Tyson Fury nach Art des Hauses verprügelt.

Tom Schwarz steht wieder auf dem Boden der Tatsachen. Gegen Ex-Champion Tyson Fury hat der Magdeburge­r Boxer keine Chance. Der Kampf in Las Vegas dauert nicht mal sechs Minuten.

- VON FRANKO KOITZSCH

(dpa) In seinen Augen standen Tränen, das Gesicht war demoliert – der wohl größte Kampf im Leben des Schwergewi­chtsboxers Tom Schwarz dauerte nur fünf Minuten und 54 Sekunden. Ex-Weltmeiste­r Tyson Fury ließ dem Magdeburge­r in der Nacht zum Sonntag in Las Vegas nicht die Spur einer Chance und siegte bereits in der zweiten Runde durch technische­n K.o. Für den 30 Jahre alten Briten war der Deutsche lediglich ein überforder­ter Trainingsp­artner, dem er eine schmerzhaf­te Lektion erteilte. Fury hat Schwarz damit den sogenannte­n Interkonti­nentaltite­l der WBO abgeknöpft, der ihn einem erneuten WM-Kampf näher bringt. „Ich habe alles gegeben, was ich geben konnte. Ich wollte gewinnen für Deutschlan­d“, sagte der Verlierer.

Zunächst war Schwarz in der zweiten Runde nach einer Rechts-LinksKombi­nation zu Boden gegangen und angezählt worden. Wenig später deckte der acht Kilogramm schwerere und neun Zentimeter größere Fury seinen 25 Jahre alten Rivalen mit einem Schlaghage­l ein, so dass Ringrichte­r Kenny Bayless aus den USA das ungleiche Duell abbrach. Was der Referee nicht sah: In seinem Rücken flog aus der SchwarzEck­e ein Handtuch zum Zeichen der Aufgabe. Also doch keine Sensation, kein Top-Duell, kein Aufreger.

„Ich habe noch nie in meinem Leben vorzeitig verloren. Ich wollte niemals K.o. gehen, weil ich zu stolz bin“meinte Schwarz. Ein klassische­r Knockout war es auch nicht. Allerdings nur, weil ihn der Ringrichte­r davor bewahrte. Mit aufgeplatz­ter Nase und einem Cut am Auge stand Schwarz nach der Kurzarbeit demoralisi­ert da. Promoter Ulf Steinforth, der sich einen Kampf über zwölf Runden gewünscht hatte, gestand erleichter­t: „Ich bin glücklich, dass es Tom trotz der Blessuren gut geht. Das ist eine Erfahrung, an der er wachsen kann.“

Schwarz suchte derweil nach Erklärunge­n. „Ich war in Top-Form“, meinte er. Die Kraft seines Gegenübers beeindruck­te den Boxer aus dem Magdeburge­r SES-Stall: „Seine Schläge fühlten sich an wie Beton.“Er selbst hatte Fury, der mit ihm spielte, nicht getroffen. Der lange Engländer wich seinen Schlägen immer wieder pendelnd aus.

Wenn das Duell ein Gutes hatte: Der Unfug mit den getürkten Ranglisten der Weltverbän­de wurde brachial ad absurdum geführt. Schwarz war als Nummer zwei der WBO-Rangliste in den Kampf gegangen, Fury als Nummer drei. Erst die Platzierun­g des Deutschen hatte das Duell, über das sich die Boxwelt wunderte, überhaupt ermöglicht.

Weil er alle seine 24 Profikämpf­e zuvor gewonnen hatte, wurde der frühere Junioren-Weltmeiste­r auf den vorderen Ranglisten­platz gehievt. Allerdings: Seine Gegner waren zumeist nicht mal in den Top 100 der Schwergewi­chtler oder gar nicht erst gelistet. Und selbst gegen die waren seine Kämpfe nicht unbedingt überzeugen­d. Was also hatte Schwarz für so einen Kampf gegen den Klitschko-Besieger Fury qualifizie­rt? Der Brite gab die schonungsl­ose Antwort.

„Ich war gekommen, um eine Show für Las Vegas zu bieten“, sagte der 2,06 Meter große Fury triumphier­end. „Ich hoffe, es hat allen so gut gefallen wie mir.“Zur Bestätigun­g seines Wohlbefind­ens sang er seiner Frau Paris, die in den Ring geeilt war, ein Liebesstän­dchen. Der erste Kampf seines Mega-Deals mit dem amerikanis­chen TV-Sender ESPN war leicht verdientes Geld. Rund 80 Millionen Euro für fünf Kämpfe soll der Brite einstreich­en.

Bei nächsten Mal wird es allerdings deutlich schwerer. Vermutlich im Februar will er erneut mit dem WBC-Weltmeiste­r Deontay Wilder aus den USA in den Ring steigen. Im ersten Duell vor einem halben Jahr hatte es ein Unentschie­den gegeben. Für Fury ist klar: „Dann hole ich mir endlich einen Gürtel.“Zum Schluss lud der Brite Schwarz in sein Trainings-Gym nach England ein. Dort, sagte er, soll dem Deutschen gezeigt werden, „wie man ein besserer Boxer wird“.

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FOTO: REUTERS Wirkungstr­effer: Tom Schwarz (l.) muss gegen Tyson Fury schwere Schläge einstecken.

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