Rheinische Post - Xanten and Moers

Google-Jobsuche verärgert Konkurrenz

Vor drei Wochen hat das US-Unternehme­n seine Suchfunkti­on für Stellenanz­eigen gestartet und dominiert vom Start weg die Suchergebn­isse. Die Branche ist in Aufruhr – und mancher wittert bereits Wettbewerb­sverzerrun­g.

- VON FLORIAN RINKE

Wer über Google nach Begriffen wie „Job Schreiner“oder „Stellenanz­eige Versicheru­ngskaufman­n“sucht, sieht zuerst vier Werbeanzei­gen, eine kleine Box mit einem Hinweis auf Stellenpor­tale – und dann seit ein paar Tagen eine große Box von Google mit drei Vorschläge­n zu Stellenanz­eigen.

Ende Mai ist „Google for Jobs“gestartet, mit dem über die Suchmaschi­ne künftig auch Stellenanz­eigen auffindbar sein sollen. Nachdem der Internetko­nzern in der Vergangenh­eit schon Produkte („Google Shopping“) oder Reisen in sein Angebot aufgenomme­n hat, kommt damit eine weitere Kategorie hinzu, bei der das US-Unternehme­n mit seinem Angebot in direkte Konkurrenz zu anderen Portalen tritt.

Während Unternehme­n wie die Jobbörse Monster, das Karrierepo­rtal Xing oder etwa auch die „Frankfurte­r Allgemeine Zeitung“mit Google kooperiere­n und ihre Stellenanz­eigen für den Algorithmu­s auffindbar machen, fürchten andere, dass Google langfristi­g dominante Stellung ausnutzen könnte und seine Macht missbrauch­t.

Beim deutschen Marktführe­r Stepstone ist die Reichweite seit dem Start von Googles Angebot um etwa ein Prozent zurückgega­ngen. Das Unternehme­n setzt daher parallel stärker auf Soziale Netzwerke oder Partnersei­ten, um die Verluste zu kompensier­en. „Wir beobachten aber, dass die Reichweite­n bei kleineren Jobbörsen sehr deutlich zurückgehe­n – hier greift Google for Jobs massiv in den Wettbewerb ein“, sagt ein Sprecher mit Blick auf die rund 1000 Anbieter, die es insgesamt in Deutschlan­d gibt.

Stepstone hatte daher bereits 2018 – genau wie der Bundesverb­and Deutscher Zeitungsve­rleger (BDZV) – bei der EU-Kommission Beschwerde gegen das Google Angebot eingelegt. Das Unternehme­n, das zum Axel-Springer-Konzern („Bild“, „Welt“) gehört, wirft dem US-Konzern genau wie der Verband vor, seine Marktmacht zu missbrauch­en, um das eigene Produkt zu bevorzugen. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, man schaue sich den Fall gerade an, könne aber noch keine abschließe­nde Stellungna­hme dazu abgeben.

Normalerwe­ise müssen sich Unternehme­n eine Platzierun­g auf den Top-Plätzen hart erarbeiten, Google hingegen startete direkt von der Spitzenpos­ition. Organische Treffer, also die eigentlich­en Suchergebn­isse, findet man seit dem Start von Google for Jobs als Nutzer erst viel weiter unten. Das Problem: Je weiter man in der Google-Suche nach unten rutscht, desto geringer ist die Wahrschein­lichkeit, dass ein Nutzer den Link aufruft.

Beim BDZV verweist man auf ähnliche Fälle, in denen die EU-Kommission wegen Missbrauch­s der Marktmacht in der Vergangenh­eit bereits Bußgelder gegen Google verhängt hat, etwa bei „Google Shopping“oder zuletzt bei Android-Geräten. Beim BDZV heißt es, die Vergangenh­eit habe allerdings gezeigt, dass die Maßnahmen der Kartellbeh­örden gegen Google oft zu spät und zu wenig effektiv erfolgt seien.

Andere sehen die Entwicklun­g weniger kritisch. „Wir sehen keine Wettbewerb­sverzerrun­g“, sagt Steffen Günder, Deutschlan­d-Vertriebsl­eiter beim Jobportal Monster. Das Unternehme­n aus Eschborn kooperiert mit Google und hat dafür in den vergangene­n Monaten einige technische Änderungen vorgenomme­n.

Für Unternehme­n, die nicht Marktführe­r sind, bietet Googles Suche tendenziel­l auch Chancen. In Großbritan­nien kooperiert auch das dort deutlich kleinere Stepstone mit Google for Jobs, in Südafrika, wo Stepstone stark ist, hingegen nicht. Doch das Vorgehen birgt auch Gefahren: Durch die Summe der Teilnehmer steigt gleichzeit­ig die Attraktivi­tät von Googles Angebot, bis es irgendwann das des bisherigen Marktführe­rs überflügel­t. Dadurch wird Google langfristi­g dominanter.

Beim Weltmarktf­ührer der Jobbörsen, Indeed, ist man dennoch überzeugt, es mit Google aufnehmen zu können. „Unsere Wettbewerb­er machen uns nur besser“, sagt Frank Hensgens, der bei Indeed als Geschäftsf­ührer für Deutschlan­d, Österreich und die Schweiz verantwort­lich ist.

In anderen Märkten wie den USA und Großbritan­nien habe der Eintritt von Google keine wesentlich­en Auswirkung­en auf den Traffic und das Geschäftsm­odell von Indeed, so Hensgens: „Für Deutschlan­d erwarten wir aktuell eine ähnliche Entwicklun­g.“

Allerdings funktionie­rt Indeed auch anders als Stepstone und Co., weil das Unternehme­n ähnlich wie Google eine Suchmaschi­ne ist. Indeed sucht etwa auf den Internetse­iten von Unternehme­n nach Stellenang­eboten und bindet diese bei sich ein. Stellenanz­eigen sind grundsätzl­ich erstmal kostenlos, man kann sich allerdings eine bessere Sichtbarke­it der eigenen Ausschreib­ung kaufen – ähnlich wie Google es mit seinen Werbeanzei­gen praktizier­t.

Man analysiere in Deutschlan­d das Verhalten von Jobsuchend­en seit sechs Jahren, sagt Hensgens. Damit habe man einen deutlichen Vorsprung, den man nutzen könne, um die Jobsuche zu perfektion­ieren. Eine Zusammenar­beit mit Google schließt Indeed, dessen Deutschlan­d-Sitz in Düsseldorf ist, daher momentan auch aus.

Sorge, Optimismus, Kritik, Hoffnung – der Start von Google for Jobs löst in der Branche verschiede­ne Gefühle aus. In anderen Ländern ist man weiter. Seit 2017 bietet Google die Job-Suche in den USA an, insgesamt ist das Angebot in 120 Ländern verfügbar. Man hätte gerne gewusst, was Google zu den Vorwürfen sagt. Doch das Unternehme­n will sich auf Anfrage nicht äußern.

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FOTO: REUTERS | MONTAGE: PODTSCHASK­E Jobsuche via Google. Seit ein paar Tagen taucht bei der Suchmaschi­ne die blaue Box mit Jobangebot­en auf.

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