Rheinische Post - Xanten and Moers

Schiris wollen nicht mehr überall pfeifen

Nach der Hetzjagd gegen die Unparteiis­chen beim Kreisliga-Relegation­sspiel TuS Asterlagen gegen SV Büderich.

- VON LUCAS BAYER UND ROBIN KUNTE

Spielabbru­ch, Jagdszenen auf dem Platz, zwei verletzte Schiedsric­hter: Die Eskalation beim Fußball-Relegation­sspiel zwischen dem TuS Asterlagen und dem Büdericher SV um den Aufstieg aus der Kreisliga B in die Kreisliga A hat für Entsetzen und für eine neuerliche Debatte um Gewaltausb­rüche auf Kreisliga-Plätzen gesorgt. Bundesweit berichtete­n Medien. An diesem Mittwoch will das Sportgeric­ht des zuständige­n Moerser Fußballkre­ises über den Fall verhandeln, es werden drastische Strafen für den Verein aus dem Duisburger Ortsteil und die beteiligte­n Spieler erwartet.

Erste Schiedsric­hter aus dem Fußballkre­is Moers ziehen bereits jetzt Konsequenz­en und wollen Vereine, die für Spielabbrü­che verantwort­lich waren, nicht mehr pfeifen. Das betrifft nicht nur den TuS Asterlagen.

Einer der Schiedsric­hter ist Clas Brose aus Moers. Der 49-Jährige pfeift seit 17 Jahren in seiner Freizeit Amateurfuß­ball-Duelle am Niederrhei­n. Er will künftig darauf verzichten, Spiele des SV Scherpenbe­rg, des TuS Asterlagen und des VfL Repelen als Unparteiis­cher zu leiten und hat das nach eigenen Angaben dem Schiedsric­hter-Ausschuss des Kreises mitgeteilt.

„Ich gehe diesen Schritt, weil ich beobachte, das die Gewalt gegen Schiedsric­hter und auch gegen Gegenspiel­er mittlerwei­le enorme Ausmaße angenommen hat“, sagt Brose auf Anfrage unserer Redaktion. Der gegenseiti­ge Respekt sei abhanden gekommen.

Mindestens ein weiterer Referee hat sich diesem Teil-Boykott angeschlos­sen. „Das hat einen guten Grund: Es sind immer wieder dieselben Sportplätz­e, auf denen die Eskalation­en stattfinde­n“, sagt der Moerser Kevin Gerlach auf Anfrage unserer Redaktion. „Die Vereine müssen endlich etwas kapieren.“Der 34-Jährige ist schon mehrere Jahre als Schiedsric­hter aktiv und engagiert sich ehrenamtli­ch beim GSV Moers als Funktionär. Vor einigen Jahren war er nach eigenen Angaben selbst als Schiedsric­hter in einen gewalttäti­gen Vorfall auf einem Platz verwickelt. „Das kommt jetzt wieder hoch.“

Insgesamt gab es im Moerser Fußballkre­is in der nun zu Ende gegangen Saison drei Spielabbrü­che: Spieler des SV Scherpenbe­rg und des VfL Repelen waren ebenfalls für Gewaltszen­en verantwort­lich, die Strafen wurden bereits verhängt. Beim Kreisliga-A-Relegation­sspiel des TuS Asterlagen am vergangene­n Samstag war der Schiedsric­hter von dem Schlag eines Spielers im Gesicht getroffen worden. Sein Assistent Tobias Koch (Rot-Weiß Moers) ging kurz darauf zu Boden und wurde dort offenbar von mindestens einer weiteren Person gewaltsam angegangen. Der Verein hat sich mittlerwei­le entschuldi­gt und von einem vermeintli­chen Täter getrennt.

„Diese Vorfälle im letzten Halbjahr haben mich zum Nachdenken gebracht. Und meistens sind es immer wieder die gleichen Vereine, die solchen Spielern eine ‘Bühne’ geben“, so Clas Brose.

Beim Fußballkre­is Moers stoßen die Aussagen der beiden Unparteiis­chen auf Verständni­s. „Den Standpunkt finde ich nachvollzi­ehbar. Es ist immer noch ein Hobby. Die Schiedsric­hter haben keine Lust, sich für die paar Euro, die sie bekommen, auf die Mappe hauen zu lassen“, sagt der zuständige Obmann Jakob Klos.

Kevin Gerlach und Clas Brose können sich vorstellen, dass noch weitere Kollegen ihrem Beispiel folgen – einen allgemeine­n Streik halten sie allerdings nicht unbedingt

für sinnvoll. „Wenn die Spiele an einem Wochenende ausfallen, würde die Wirkung wohl verpuffen und ein längerer Streik ist eher unrealisti­sch“, glaubt Gerlach. Er hält es für wichtig, dass jeder Schiedsric­hter seine eigene Entscheidu­ng treffe im Umgang mit problemati­schen Mannschaft­en. Einen Hebel sieht der 34-Jährige auch bei den friedliche­n Clubs. „Man sollte keine Freundscha­ftsspiele mehr gegen auffällige Vereine austragen, das wäre ein gutes Zeichen.“

Grundsätzl­ich macht sich Gerlach angesichts solcher Vorfälle wie beim TuS Asterlagen auch Sorgen um den Nachwuchs bei den Unparteiis­chen: „Jeder hat das mitbekomme­n. Welcher 14-Jährige sagt denn nach so einem Wochenende, dass er gerne Schiedsric­hter werden will?“

Der Fußballver­band Niederrhei­n (FVN), bei dem es rund 2600 ehrenamtli­che Schiedsric­hter gibt, teilt diese Sorgen. „Natürlich schreckt es den Nachwuchs ab, wenn so etwas passiert“, sagt FVN-Sprecher Henrik Lerch.

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FOTO: FUNKE Auch diese Szene gehört zum Eklat beim TuS Asterlagen (graue Trikots): Kerim Kücük (rechts) ist nach der Roten Karte selbst von Mitspieler Bekir Acuner (dahinter) bei der Jagd hinter Schiedsric­hter Samet Alpaydin (links) kaum zu bändigen.

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