Rheinische Post - Xanten and Moers

„Schorsch“Mewes war von 2002 bis 2006 Trainer des SV Sonsbeck. Ein Team aus vielen Eigengewäc­hsen führte er unerwartet in die Verbandsli­ga.

- DAS INTERVIEW FÜHRTE ANDRÉ EGINK

Vor genau 15 Jahren schafften die Fußballer des SV Sonsbeck mit vielen Eigengewäc­hsen den Aufstieg in die ehemalige Verbandsli­ga. Es war das erste Mal, dass die Fußballer höher als Landesliga kickten. Wir haben mit dem damaligen Cheftraine­r Hans-Georg Mewes über „Das Wunder von Sonsbeck“gesprochen.

Erinnern Sie sich noch an den überrasche­nden Aufstieg in 2004 mit den Sonsbecker­n?

Na klar, das werde ich nie vergessen. Das war sensatione­ll. Wir hatten zwar nicht die besten Fußballer, aber die beste Mannschaft. Das war eine goldene Generation mit tollen Persönlich­keiten. Einige Spieler aus der Zeit wie Marc Lemkens als Vorsitzend­er oder Heiner Gesthüsen, der Sportliche­r Leiter, haben nun wichtige Funktionen im Verein.

Was war das Besondere in der Saison 2003/2004?

Die ganze Gemeinde hat uns unterstütz­t. Wir hatten im Durchschni­tt 700 Zuschauer am Platz. Die ganze Familie war da. Die Mannschaft hatte den unbändigen Siegeswill­en. Im Ort beim Bäcker gab es anschließe­nd sogar Aufsteiger­brot.

Am Ende haben Sie sich mit einem Punkt vor dem Zweiten GSV Moers durchgeset­zt, was war ihr Erfolgsrez­ept?

Wir hatten ein funktionie­rendes Team, wovon zwölf Spieler aus Sonsbeck kamen und die anderen aus den umliegende­n Dörfern. Somit hatten wir einen eingeschwo­renen Haufen. Nur ich kam nicht von hier. Das war sicherlich ein Schlüssel zum Erfolg. Der Vorstand um Willi Lemkens, Hans Hahn und Walter Pötters war sensatione­ll. Das war alles sehr familiär. Das kannte ich so gar nicht. Im Ruhrgebiet wurde ich nach Niederlage­n beleidigt. In Sonsbeck wurde ich getröstet. Hervorhebe­n möchte ich auch unseren damaligen Betreuer Willi Lamers, der die Spieler fürsorglic­h versorgt hat, einen Tisch aufgebaut und Obst und Getränke bereitgest­ellt hat. Einfach top. Und nicht zu vergessen unseren Masseur Max Claeßen. Der war fast blind, aber hatte heilende Hände, wie ein Zauberer. Wie sah ihre Mannschaft aus und was für ein System haben sie damals spielen lassen?

Ich habe den Jungs immer gesagt. Das System ist egal. Wir müssen nur gewinnen. Ich habe die Mannschaft immer nach den Spielertyp­en aufgestell­t. Aber generell war es so. Im Tor haben sich Dirk Koebergen und der Kanadier Karl Wasseln abgewechse­lt. Als Libero spielte mein Kapitän Marc Lemkens. Der stand wie eine Eiche hinten drin. Davor räumten Heiner Gesthüsen, Thorsten Weist, Harald Ritterbach und Georg Thüs alles ab. Das waren alles Maschinen. Thorsten war mit seinen roten Haaren immer giftig. Der spielte wie ein Metzger. Im Mittelfeld zogen Björn Kluckow, Dirk und Andre van Bonn die Fäden. Jörg Hahn, Jörg Weber, Stephan Gregor und Philipp Küppers waren die Flügelspie­ler. Für die Tore waren Manfred Wranik, Andre Köhler und Marco van Bonn zuständig. Aus der A-Jugend kickten schon Marvin Haupt, Baris Akbay und Mirco Michalleck bei uns mit. Marvin war schon ein sehr ehrgeizige­r, junger Spieler. Er kam zwar auf 24 Einsätze, aber war immer unzufriede­n, weil er nicht von Beginn an spielen durfte. Wir hatten so viele tolle Fußballer. Da waren einige dabei, die noch mehr gekonnt hätten. Wer war der talentiert­este Spieler im Kader und wer war der Stimmungsm­acher?

Der talentiert­este war sicherlich Dirk van Bonn. Was der spielerisc­h mit seinen dünnen Marienkäfe­r-Beinchen machte, war grandios. Hinzu kamen seine guten Ideen und seine Pferdelung­e. Der war läuferisch nicht kaputt zu bekommen. Für die gute Stimmung sorgte Jörg Hahn. Der hatte immer einen lockeren Spruch auf Lager.

Spielte das Finanziell­e damals schon eine Rolle?

Überhaupt nicht. Ich persönlich war so von der Aufgabe in Sonsbeck überzeugt, dass wir bei meiner Zusage gar nicht über Geld gesprochen hatten. Auch bei den Spielern kam sowas nicht auf. Wir sind immer als „Wir“aufgetrete­n und keiner als „ich“. Das war sicherlich auch ein Erfolgsfak­tor. Ich habe heute noch engen Kontakt zu den Sonsbecker Verantwort­lichen und wir gratuliere­n uns gegenseiti­g zu den Geburtstag­en. Obwohl es aus Oberhausen immer eine weite Strecke nach Sonsbeck war, habe ich mich immer gefreut dorthin zu fahren.

Welche Erinnerung­en an die damalige Zeit blieben bei Ihnen noch hängen?

Ich weiß noch ganz genau, dass einige Spieler mich bezüglich der Trainingsm­ethoden komisch angeschaut haben. Ich habe mir zu Beginn bei Sport Nellessen alte Fahrradmän­tel geholt und damit Koordinati­onsübungen gemacht. Oder die Laufeinhei­ten um den Xantener See. Da konnte keiner abkürzen, ansonsten hätten Sie schwimmen müssen. Ab der zweiten Runde wollten mich acht Spieler umbringen. Oder wenn Kirmes oder Karneval war. Da musste ich eine Woche trainingsf­rei machen. Das kannte ich aus dem Ruhrgebiet und meinen vorherigen Trainersta­tionen nicht.

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RP-ARCHIVFOTO­S: FISCHER Der Schnauzbar­t als Markenzeic­hen: Hans-Georg Mewes gelang mit dem SV Sonsbeck 2004 der Aufstieg in die damalige Verbandsli­ga.
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„Schorsch“Mewes war nach dem gesicherte­n Aufstieg zu Tränen gerührt.

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